Nur manchmal malt zuerst, wer auch zuerst kommt

■ Oder: Call a ticket. Wie seit jüngstem Pendler zwischen Bonn und Berlin verkehren

Der Bund sorgt für seine Schäflein: Seit Montag arbeitet für die Bundesbediensteten das Call-Center „Pro-Tel Buchungszentrum Bonn Berlin“ mit der Funktion eines Reisebüros. Ab Juli können dort Bundesbedienstete aus Bundestag, den Fraktionen und den Ministerien sowie deren Familienangehörige Flüge und Züge zwischen Bonn und Berlin buchen. Viele Beamte und Angestellte des Öffentlichen Dienstes werden ab August in Berlin arbeiten, aber noch in Bonn ihren Hauptwohnsitz haben. Bei der Firma Pro-Tel in Rengsdorf nahe Koblenz können sie ab sofort anrufen und sich einen kostenlosen vom Bund gesponserten Flug nach Hause und zurück reservieren lassen.

Ob sie allerdings den gewünschten Flug freitags 17 Uhr direkt nach Dienstschluß bekommen oder nur auf einen der Freitagnachmittag in Berlin startenden Pendlerzüge gebucht werden, hängt von Glück und Status ab: Jedes Ministerium sowie der Bundestag hat ein bestimmtes Kontingent an verfügbaren Buchungsplätzen. Der Bundestag selbst, sowie das Auswärtige Amt verfahren nach dem Prinzip: Wer zuerst kommt, malt zuerst. „Wenn der Bote schneller ist als der Ministerialrat, kann der Bote fliegen und der Ministerialrat muß sich fünf Stunden in den Zug setzen“, so ein Experte. Auch das von den Grünen geführte Auswärtige Amt will wahrscheinlich nach demselben demokratischen Prinzip verfahren. „Wir prüfen, was das gerechteste Prinzip ist“, sagt eine Sprecherin. In anderen Ministerien wird hingegen festgelegt, wer den schnellen Luxus des Fluges wahrnehmen darf und wer die Bahnfahrt in Kauf nehmen muß. „Wir machen ein rollierendes System. Manchmal muß man Bahn fahren, manchmal ins Flugzeug“, so der Sprecher des SPD-geführten Bundesjustizministeriums. Der Dienstgrad sei dabei unerheblich.

Für das Call-Center habe sich die Bundesregierung nebst Bundestag entschieden, da das Unternehmen Erfahrungen mit Buchungssystemen habe. „Wir können uns keine Testphase leisten. Das muß von Anfang an klappen“, heißt es im Bundesverkehrsministerium, das den Bonn-Berlin-Umzug federführend organisiert.

Um das Verfahren zu vereinfachen, wird die Bundesregierung an alle Bundesbediensteten eine Bonn-Berlin-Karte aushändigen, die maschinenlesbar ist und zu schnelleren Abfertigungen führen soll. Zudem werden die Buchungen durch das Call-Center nur durch ein Fax bestätigt, was allerdings den Umzugsplanern nicht fälschungssicher genug erschien. Außerdem soll die Bonn-Berlin-Karte auch für den öffentlichen Nahverkehr in Berlin und in Bonn wie ein Job-Ticket genutzt werden können: „Dafür muß der Bundesbedienstete dann aber auch ganz normal zahlen“, so der Sprecher des Bundesverkehrsministeriums.

Die Bundesregierung rechnet zu Beginn des Umzuges im Juli zunächst mit 1.500 Pendlern. Im Laufe des Herbstes wird sich laut Prognose die Zahl auf 3.700 Pendler erhöhen und bis Dezember 2000 auf rund 2.500 Beschäftigte senken. An Stelle des Bundesbediensteten können aber auch dessen Angehörige umsonst fliegen oder mit dem Zug fahren, wenn Tickets „angespart“ worden sind. Je Wochenende steht einer Familie ein Hin- und Rückfahrticket zur Verfügung. Annette Rollmann