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Siemens gebiert einen Kleinsaurier

Weil im Computergeschäft die Größe zählt, schmeißt Siemens seine PC-Produktion mit der von Fujitsu zusammen. Die neue Firma, Fujitsu Siemens Computers, wird fünftgrößter Hersteller der Welt  ■   Von Matthias Urbach

Berlin (taz) – „Size does matter“ („Größe zählt“) ist ein ungewöhnlicher Satz in der Computerbranche. Seit Microsofts Triumph über IBM hat man sich daran gewöhnt, daß der Schnellere den Größeren aussticht. Das mag stimmen für Software und Microchips, nicht aber für die Computerfertigung. Da steigen mit dem Absatz auch die Chancen.

Deshalb will Siemens seine Rechnergeschäfte mit dem japanischen Konzern Fujitsu Europe zusammenlegen. Das neue Unternehmen soll Fujitsu Siemens Computers heißen und käme auf rund 12 Milliarden Mark Umsatz, erklärten die Unternehmen gestern in Bonn.

Der Computerbau ist nicht sehr anspruchsvoll: Die meisten Innereien, wie Festplatten und Mikroprozessoren, oder Bildschirme werden nicht selbst hergestellt, sondern eingekauft. Einen Rechner zu bauen ist wie das Zusammenschrauben einer Einbauküche auf kleinem Raum: Vor allem also ein logistisches Problem. Erfolg hat, wer die Einzelteile am billigsten einkauft, am besten abstimmt und über den günstigsten Vertriebsweg verscherbelt. Da hilft die alte Dinosaurierstrategie: Wer viel umsetzt, drückt die Preise.

Die 1,5 Millionen verkauften Siemens-Personalcomputer sind im Weltmaßstab nicht viel. Also lag es nahe, sich einen neuen Partner zu suchen, und da eignen sich immer die am besten, die schon Partner sind. Mit dem japanischen Konzern Fujitsu kooperierte Siemens bereits bei Großrechnern. Nun werden alles Aktivitäten zusammengelegt, was noch einmal zwei Millionen weitere Rechner bringt. Die Konkurrenten, wie Dell und Compaq, produzieren zwischen sechs und 13 Millionen. Im Vergleich dazu ist Fujitsu Siemens Computers ein kleiner Saurier – aber nach Analystenmeinung überlebensfähig. Die Aktienkurse stiegen nach der Ankündigung.

Eigentlich müßte man noch mal zwei Millionen PCs dazurechnen, die der Fujitsu-Mutterkonzern produziert. In die neue Firma gehen diese Verkäufe nicht direkt ein – das hätte zu großer Ausgleichszahlungen bedurft, sagte Siemens-Chef Heinrich von Pierer. Beide Partner halten nun 50 Prozent am neuen Unternehmen, Siemens bringt 8.000 Angestellte und rund acht Milliarden Mark Umsatz ein, Fujitsu 1.600 Leute und vier Milliarden. Zwar könnten durch Überschneidungen Arbeitsplätze wegfallen, gab von Pierer zu, aber man wolle das durch Wachstum kompensieren.

Ein frommer Wunsch, denn der Markt ist heiß umkämpft. Dieses Jahr stieg der Absatz nicht mehr wie gewohnt zweistellig – die Preise verfallen, so daß auch die Profite der Marktführer schrumpfen. Der US-Hersteller Dell, der mit seinem Direktverkauf per Internet derzeit den Marktführer Compaq in den USA bedrängt, will nun auch Europa erobern. Imerhin hat Fujitsu bereits Erfahrungen mit neuen Vertriebswegen: Seit einiger Zeit verkauft die Firma ihre Rechner auch in Supermärkten.

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