Steuermilliarden für überkommene Männerbranche

■ Der Bergbau lebt schon lange nur noch von offenen und verdeckten Subventionen

Berlin (taz) – Im Vergleich zu den Subventionen für die Kohle erscheinen alle anderen als „peanuts“: 7.750 Millionen Mark weist der Subventionsbericht der Bundesregierung für 1998 als Beihilfen für die Verstromung von deutscher Steinkohle aus.

Ohne den Einsatz der Steuermilliarden wäre kein Kraftwerksbetreiber bereit, auch nur eine Tonne deutsche Kohle zu verfeuern: Sie ist dreimal so teuer wie der Rohstoff der Konkurrenz auf dem Weltmarkt. Hinzu kommen noch einmal über 400 Millionen Mark aus dem Staatshaushalt, mit denen die Kohlegruben bei den eingeleiteten Kapazitätsanpassungen unterstützt werden sollen. Die Hilfen aus den Ländern sind dabei noch nicht einmal mitgerechnet. Der Bund der Steuerzahler schätzt, daß jeder Arbeitsplatz in dieser Branche alles in allem mit 150.000 Mark im Jahr subventioniert wird.

Der Posten für die Verstromungshilfe ist allerdings erst vor drei Jahren auf diese Höhe angeschwollen. Bis dahin wurden den Stromkunden auf ihrer Rechnung der „Kohlepfennig“ präsentiert, so daß sie gezwungenermaßen und weit weniger offensichtlich als heute die selbst nicht lebensfähige Branche unterstützten. Die Wirtschaftsforschungsinstitute bezeichneten die Konstruktion schon damals als Subvention. Die erfolgreiche Klage eines privaten Verbrauchers vorm Bundesverfassungsgericht setzte der verdeckten Hilfe dann ein Ende. Seit 1996 gibt das Wirtschaftsministerium über die Hälfte seines Etats für den Bergbau aus.

Zwar ist der EU die marktverzerrende Unterstützung der deutschen Kohlebergwerke schon lange ein Greuel. Doch im Strom- und Stahlbereich hat sie ihr Okay gegeben, weil vereinbart wurde, daß die Subventionen bis zum Jahr 2005 auf immer noch stattliche 5,5 Milliarden Mark im Jahr reduziert werden. Nur elf Zechen sollen übrigbleiben und statt 47 Millionen nur noch 30 Millionen Tonnen im Jahr fördern. Die verbleibenden Betriebe wurden in der Deutschen Steinkohle AG zusammengefaßt.

Als dann aber auf dem britischen Markt auch noch billige deutsche Kohle für private Haushalte und Industrie auftauchte, legte die Celtic Energy Beschwerde in Brüssel ein – schließlich fördert sie den Brennstoff zwei Drittel billiger als die deutschen Konkurrenten. Celtic Energy verlangte, daß die deutschen Unternehmen 520 Millionen Mark an den Bund zurückzahlen. Doch den deutschen Behörden gelang es, den Betrag auf 20,35 Millionen Mark herunterzuhandeln.

Ob die neue Regierung den Mumm für einen weiteren Subventionsabbau in diesem Bereich hat, ist allerdings fraglich. Obwohl die Branche nur noch 110.000 Menschen beschäftigt, ist sie vor allem für alte SPD-Genossen, insbesondere im Saarland und in Nordrhein-Westfalen, eine Frage der Identität. Und die Kumpel sind so gut organisiert wie keine andere Arbeitnehmergruppe, was sie zuletzt vor zwei Jahren demonstrierten, als sie in die Bonner Bannmeile einrückten und die FDP-Zentrale mit Steinen attackierten. Und schließlich sind im Herbst auch noch Wahlen im Saarland. SPD-Ministerpräsident Reinhard Klimmt begeistert viele Landeskinder nicht nur dadurch, daß er von der „Hochtechnologie Bergbau“ schwärmt. Die saarländische Steinkohle müsse auf jeden Fall auch über das Jahr 2005 hinaus öffentlich gefördert werden, lautet eine seiner zentralen Parolen. Annette Jensen