Vereinigung von Sinn und Sinnlichkeit

■ Tuning & Styling (3): Die neue Bikewear ist vor allem elegant und körperbetont. Aber bietet sie neben der optischen Aufwertung den Radlern auch mehr Sicherheit und Komfort?

Der auffälligste Unterschied zwischen Alltagsradler und Hard-core-Biker? Das Outfit, genau. Es wird immer mehr: Kunststoff für fast jeden Körperteil. So ist abzusehen, daß es bald Geschäfte ausschließlich für Bikewear und entsprechende Accessoires geben wird. Die übliche Ecke im kleinen Radladen reicht nicht mehr aus für all die Trikots und Tops, Shorts und Shirts, Bikesocken und -schuhe, Helme, Handschuhe und Funktionsjacken.

Interessanterweise haben viele dieser Produkte in der Tat eine Funktion, sind nicht nur was fürs Auge. Sie könnten insofern auch für Gelegenheitsradler von Bedeutung sein. Helme zum Beispiel. Die letzte von vielen Untersuchungen, die ihre Nützlichkeit beweisen, ist die der Göppinger Unfallchirugen. Sie haben die Daten von 150 verunglückten Fahrradfahrern analysiert und festgestellt: Unter den Behelmten hatten 43 Prozent ein Schädel-Hirn-Trauma, allerdings immer nur „geringgradig“. Bei den Unbehelmten war dieser Anteil doppelt so hoch, die Kopfverletzungen waren schwerer, vier starben. Da trifft es sich gut, daß der steife Hut mittlerweile eine richtig schicke Angelegenheit geworden ist. Helme von MET, einem italienischem Hersteller, gehören eindeutig zu dieser Kategorie.

MET steht für schnittige und leichte Hartschaumschalen in auffälligen Farben, die mit den schweren Töpfen früherer Zeiten nichts mehr gemein haben. Und wie es sich gehört, tragen sie das CE-Logo, das die Einhaltung europäischer Sicherheitsstandards garantiert. METs „Fireball“ etwa wiegt (laut Hersteller) ganze 260 Gramm, hat ein Anpassungssystem für den Hinterkopf und 20 Belüftungsöffnungen. Der „BadBoy“ mit einer ähnlichen Kopfanpassung und neun Belüftungsschlitzen erhielt bei Stiftung Warentest (5/99) die Note 2,2 und eine anständige Eloge: „Helm mit bester Belüftung im Test und hervorragenden Trageeigenschaften.“ „Fireball“ kostet um die 160 Mark, der „Bad Boy“ ist schon für einen Hunderter zu haben.

Wenn kopfmäßig soweit alles klar ist, können wir uns den unteren Regionen zuwenden. Was bei bikenden Frauen allerdings Probleme aufwerfen soll. „Seit 1994 fahre ich Montainbike und bin es leid, ständig nur Männertrikots zu tragen“, zürnt Britta Kobes, Deutsche Downhill-Meisterin. Doch jetzt müßte ihre Not eigentlich ein Ende haben. Als Mitarbeiterin von „fit in style“, einem speziellen Versandunternehmen für feminine Fahrradbekleidung, sitzt sie ja quasi an der Quelle. Das neue Unternehmen ist angetreten, Funktionalität mit wirklich weiblichen Paßformen zu verbinden. Und alles soll sich auszeichnen durch „aktuelle Dessins, die einfach Spaß machen“. Das könnte beim Shebeest-Trikot im Leoparden-Look durchaus der Fall sein. Unter dem womöglich aufsehenerregenden Design steckt ein Polyester-Gewebe, das dank seiner Atmungsaktivität verspricht, stets für frischen Wind auf der Haut zu sorgen. Kommt der aber von vorne, läßt sich der Reißverschluß bis zum Stehkragen hochziehen. Kostet 129 Mark, und dafür sind auch noch drei Rückentaschen drin.

Überhaupt hat sich „fit in style“ umfassend bei Shebeest bedient, einer US-Marke, die es hierzulande bisher nicht zu kaufen gab. Auch im Angebot: „Triple-S-Short“, ein schwarzes enges Ding aus einem Kunststoffmix, das seidenmatt glänzt und selbst beim Tanz tragfähig wäre. Aus dem Test eines amerikanischen Fahrradmagazins ging es als beste Frauenradhose hervor (139 Mark). Ob der Sitz wirklich so perfekt wie angegeben ist, ist von einem Mann kaum zu beurteilen. Wenn frau sie zum Ausprobieren bestellt, sieht's bei Nichtgefallen mit dem Umtausch jedoch schlecht aus: nur „originalverpackt und ungetragen“ innerhalb von 14 Tagen. Was im übrigen für alle bei „fit in style“ bestellten Waren gilt.

Im Gegensatz zu den anderen Dingen der Radbekleidung wurde der spezielle Biker-Schuh lange Zeit nur von Rennradlern und MTBlern geschätzt. Eine harte Sohle, bei der sich das Pedal nicht durchdrückt, ist nun mal für sportliche Vielfahrer unabdingbar. Und dazu eine feste Verbindung zwischen Schuh und Pedal, die heute über einen Adapter in der Sohle gewährleistet wird und so den runden Tritt besser denn je unterstützt. Doch seitdem es auch Biking-Schuhe mit einer sogenannten Trekkingsohle gibt (schon hart genug, doch noch so weich, daß auch das Gehen Spaß macht), darf auch beim Ausflug ins Grüne der Zweitschuh zu Hause bleiben. Neben etlichen anderen Produkten vereinigen die Trekkingschuhe „Holeshot“ und „Cayman“ von Diadora all die genannten Funktionen. Die Sohle beider Modelle ist kompatibel mit Shimanos „Klick-SPD-Pedal (was allerding bedeutet: Sohle aufschneiden, mitgelieferte Metallplatte einsetzen). Sowohl „Holeshot“ (179 Mark) als auch „Cayman“ (139 Mark) sind mit anatomisch geformtem Fußbett ausgestattet, haben eine profilierte Gummisohle und sind in Blaurot beziehungsweise Graublau zu haben.

Ob daß nun allerdings vortrefflich mit all den anderen Farben und Dessins von Shirt, Shorts und Helm korrespondiert, muß jeder und jede für sich allein entscheiden. Eine Kleiderordnung für Fahrradfahrer gibt es noch nicht. Marcel Mannitzky