US-Waffenlobby setzt sich durch

■  Clinton verurteilt Ablehnung strengerer Schußwaffenkontrolle im Repräsentantenhaus. Einziges Zugeständnis: Schulen sollen durch Aushang der Zehn Gebote sicherer werden

Berlin (taz/dpa) – US-Präsident Bill Clinton hat der Waffenlobby in den USA vorgeworfen, schärfere Waffengesetze durch eine „Angstkampagne und erpresserische Methoden“ verhindert zu haben. In einer in Köln aufgezeichneten Radioansprache kritisierte er, daß das Repräsentantenhaus in Washington am Freitag ein neues Gesetzespaket zur Waffenkontrolle mit großer Mehrheit abgelehnt hatte. „Der Kongreß hat erneut zum Ausdruck gebracht, daß es ihn nicht kümmert, was zum Schutz unserer Kinder notwendig ist“, sagte Clinton.

Zwei Monate nach der Tragödie von Littleton ist in den USA damit die Verabschiedung von verschärften Waffengesetzen wieder völlig offen. Auf dem Tisch liegen bislang nur Beschlüsse des Senats, der als Teil eines Gesetzespakets zur Jugendkriminalität auch strengere Waffengesetze verabschiedet hat.

Der Entwurf des Repräsentantenhauses wurde mit 280 zu 147 Stimmen zu Fall gebracht. Die meisten der Neinstimmen kamen von Abgeordneten der Demokraten, die der durch zahlreiche Zusatz- und Änderungsanträge verwässerten Vorlage nicht mehr zustimmen wollten. Mit ihnen stimmten aber auch Republikaner, denen selbst die beschlossenen Einzelmaßnahmen noch zu weit gingen. Mit Mehrheit befürwortet wurde allerdings die – verfassungsmäßig fragwürdige – Anordnung, in Schulen und öffentlichen Gebäuden die Zehn Gebote auszuhängen, „um die öffentliche Moral zu stärken“.

Nun setzt Clinton auf den Druck der Öffentlichkeit, um im Vermittlungsausschuß des Kongresses in den kommenden Wochen doch noch Reformen durchzusetzen. Der Streit um die Verfügbarkeit von Schußwaffen wird auch im beginnenden Präsidentschaftswahlkampf Thema bleiben, und es gilt nicht als sicher, daß die einflußreiche Vereinigung der Waffenbesitzer (NRA) viel Freude an ihrem jüngsten Erfolg haben wird. Clinton sagte, er werde nicht ruhen, bis der Kongreß gesunden Menschenverstand zeige und sich der Waffenlobby widersetze. Gesetzentwürfe in zahlreichen Staatsparlamenten und Klagen vor Gerichten haben die Schußwaffenindustrie und ihre Fürsprecher in letzter Zeit in Bedrängnis gebracht. In Texas unterzeichnete Gouverneur George W. Bush allerdings am Freitag ein Gesetz, das Gemeinden in diesem Bundesstaat untersagt, die Hersteller von Schußwaffen für die mit ihren Produkten begangenen Taten verantwortlich zu machen. sf