Häusle bauen im Interesse der Allgemeinheit?

■ Milliarden fließen in den sozialen Wohnungsbau, ohne daß die Zielgruppe viel davon hat

Berlin (taz) – Subventionen treiben die Preise in die Höhe. Dennoch fördert der Bund den sozialen Wohnungsbau jährlich mit etwa drei Milliarden Mark, hinzu kommen erhebliche Mittel von seiten der Länder. „Die Gefahr ist groß, daß teurer gebaut wird als nötig“, sagt Dieter Vesper vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Die Vermieter sind zwar verpflichtet, die Wohnungen für eine festgelegte Zeit billiger als zu Marktpreisen anzubieten. Doch häufig bleiben die Mieter in den Wohnungen, auch wenn sie nicht mehr bedürftig sind. Offiziell müssen sie dann eine sogenannte Fehlbelegungsabgabe zahlen. „Das kriegt man aber real nicht in den Griff“, meint Alfred Boss vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Besser sei, die bedürftigen Mieter direkt durch Wohngeld zu unterstützen. „Die Subjektförderung ist viel genauer und erfordert einen geringeren administrativen Aufwand“, sagt auch Vesper.

Doch während die Mieten im vergangenen Jahrzehnt kräftig gestiegen sind und nur gegenwärtig aufgrund des Überangebots durch zahlreiche steuerliche Abschreibungsobjekte stagnieren, ist das Wohngeld seit Anfang der 90er Jahre nicht erhöht worden. Menschen mit geringem Einkommen, die eigentlich Ziel der staatlichen Unterstützung in diesem Bereich sein sollen, profitieren nur begrenzt von den staatlichen Hilfen.

Immerhin wurde das Gesetz zur Unterstützung von Eigenheim-Bauherrn 1996 geändert. Bis dahin hatten Spitzenverdiener einen weitaus höheren Nutzen von der Stütze als weniger Verdienende. Fünf Jahre lang konnte die Anschaffung der eigenen vier Wände vom Einkommen abgezogen werden Somit profitierte besonders stark, wer ansonsten beim progressiv ansteigenden Steuersatz besonders viel hätten zahlen müssen. Inzwischen gilt für jeden der gleiche Betrag: bis zu 5.000 Mark jährlich bei Neubauten. Hinzu kommen noch Kinderzuschläge.

Doch weil das alte Gesetz noch nachwirkt, flossen 1998 immerhin fast acht Milliarden Mark weniger in der Staatskasse, als ohne das Gesetz erwartbar gewesen wären. Die Hilfen nach der neuen Regelung schlugen mit fast vier Milliarden Mark zu Buche. Tendenz steigend.

Warum die Errichtung der eigenen vier Wände überhaupt im Interesse der Allgemeinheit liegen und deshalb von ihr unterstützt werden soll, ist allerdings unklar. „Sozial ungerecht“, meint Boss: „Wer einkommensschwach ist, kommt ja gar nicht in die Verlegenheit, die Eigenheimzulage zu nutzen. Ich würde sie ganz abschaffen.“ Vesper fordert zumindestens eine stärkere Deckelung. Heute bekommen Ledige mit bis zu 120.000 Mark Einkommen und Verheiratete mit bis zu 240.000 Mark den Zuschuß. Auch die bau- und wohnungspolitischen Sprecherin der Bündnisgrünen, Franziska Eichstädt-Bohlig, will die Einkommensgrenzen auf zwei Drittel der heutigen Beträge reduzieren. Außerdem treibe das Gesetz die Zersiedelung voran und sei deshalb auch ökologisch bedenklich, kritisiert sie. Denn Investitionen in Altbauten sind steuerlich wesentlich weniger günstig als Neubauten, so daß Leute auf der Suche nach eigenem Wohnraum auf die grüne Wiese getrieben werden. Die ehemalige Baustadträtin von Berlin-Kreuzberg plädiert deshalb für eine Regelung, die vor allem den Erhalt und die Wiederherstellung von innerstädtischen Wohnungen fördert.

Und es sieht so aus, als könne sie sich zum Teil auch durchsetzen: Nach der jüngsten Sparliste, meldete das Handelsblatt gestern, sollen nicht nur 600 Millionen Mark im sozialen Wohnungsbau gestrichen, sondern tatsächlich auch die Einkommensgrenzen für die Eigenheimzulage um ein Drittel gesenkt werden. Annette Jensen