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: Erwachen

„Federmann“, Montag, 23 Uhr, ZDF

Federmann ist Straßenbahnfahrer. Seine „18“ fährt durch das östlichste Berlin, und so fern und fremd wie Hellersdorf ist auch Federmann (Christian Redl) – ein Schweiger, der nach Jahren noch ungetröstet um seine tote Frau trauert.

Man konnte das kleine Fernsehspiel von Christian Diedrichs auf zwei Arten verstehen. Zum einen ganz knatterpsychologisch als Kampf zwischen zerbrechlicher Innen- und schneidender Außenwelt. Zum anderen aber auch ganz pragmatisch: Etliche Männer ohne Frauen werden seltsam und am Ende sogar verrückt. Beides angenehm unprätentiöse Deutungsmöglichkeiten.

Männer ohne Frauen wandern in verwinkelte Innenwelten, ohne andere Menschen mitzunehmen. Bibiana Federmann kannte ihren Mann gut. Noch vor ihrem Tod versucht sie, für seine Zukunft zu sorgen: „Er verirrt sich“, sagt sie zu Cora, die ihr als neue Frau geeignet scheint. Christian Diedrichs zeigte dieses leise Verirren und die Verhinderung seiner Totalität in letzter Minute. Fast hätte Federmann einen Jungen überfahren. Der Schock macht ihn empfänglich für einen geborgten Traum: Vater zu spielen. Federmann entführt das Kind aus dem Krankenhaus und blüht auf. Ein Kommissar (Rolf Zacher) ahnt alles, will aber nicht verhaften.

Dieser Kniff des Austritts einer Figur aus ihrer Rolle setzt das Psychogramm über die Kriminalgeschichte. All das wurde auf die stillste, vorsichtige und poetische Art erzählt. Man hat eher wenig Worte gehört und dafür viel in Gesichter geschaut. Der geborgte Traum von Nähe und Glück ist wie der rote Luftballon des kleinen Jungen. Am Ende läßt Federmann die Luftblase fliegen. Guten Tag, Leben! Ausgezeichnet. Anke Westphal