Riester muß am meisten sparen

■ Der Arbeitsminister leistet den größen Beitrag zur Sanierung des Haushalts. Die Leidtragenden sind die Rentner und die Arbeitslosen

Es ist eine politische Ironie, daß ausgerechnet ein SPD-Sozialminister mehr Geld einsparen muß als sein CDU-Vorgänger Norbert Blüm. Walter Riester verfügt über den größten Einzeletat im Bundeshaushalt und wird deswegen auch am nachdrücklichsten zur Kasse gebeten. Fast 13 Milliarden Mark ergeben die Kürzungen im Ministerium für Arbeit und Soziales.

Leidtragende sind vor allem die Rentner und die Arbeitslosen. So sollen die gesetzlichen Renten sowie Arbeitslosengeld und -hilfe in den nächsten beiden Jahren nur gemäß der Preissteigerungsrate steigen, das heißt nur um 0,7 Prozent im Jahre 2000 und um 1,6 Prozent im Jahre 2001. Bei der Standardrente macht das in Westdeutschland im Jahr 2000 monatlich etwa 63 Mark Verlust, in Ostdeutschland etwa 54 Mark. Zum Juli 2001 erhöht sich der Verlust auf 111 Mark (West) bzw. 97 Mark (Ost). Insgesamt bringen diese Kappungen bei der Rente und der Arbeitslosenunterstützung im Jahr 2000 etwa 3,8 Milliarden Mark. Riester plant darüber hinaus weitere Reformelemente, die bis zum Jahresende als Gesetzentwurf dem Kabinett und dem Parlament vorgelegt werden sollen: Von 2003 an soll kapitalgedeckte private Altersvorsorge zusätzlich begünstigt werden. Die Privatvorsorge bleibt zumindest vorerst freiwillig. Einzelheiten müssen noch festgelegt werden. Ziel bleibt aber, daß Arbeitnehmer einen jährlich steigenden Betrag zwischen 0,5 Prozent des Bruttoverdienstes im Jahr 2003 und 2,5 Prozent im Jahr 2007 in eine Altersvorsorge ihrer Wahl anlegen.

Weniger spektakulär als die Rentenreform, aber für die Betroffenen sehr schmerzhaft ist die Streichung der sogenannten originären Arbeitslosenhilfe. Diese Leistung bekommen erwerbslose Zeitsoldaten oder Referendare, die nie in die Arbeitslosenkasse eingezahlt haben. Durch die Abschaffung der originären Arbeitslosenhilfe spart der Staat im nächsten Jahr etwa eine Milliarde Mark.

Viel Geld bringt eine Kürzung, deren Folgen erst auf den zweiten Blick sichtbar werden. Für Arbeitslosenhilfeempfänger will der Staat künftig geringere Beiträge an Krankenkassen, Renten- und Pflegeversicherungen zahlen. Bisher werden die Beiträge auf der Grundlage von 80 Prozent des letzten Bruttoeinkommens berechnet, künftig soll nur noch die Höhe der Arbeitslosenhilfe als Grundlage dienen. Der Bundeshaushalt wird damit im Jahr 2000 um rund 5,9 Milliarden Mark entlastet. Die Folge dieser Kürzung: Die Erwerbslosen erhalten geringere Rentenansprüche und damit später weniger Rente.

Den Sozialkassen fehlen diese Beiträge. Die Krankenversicherungen rechnen mit einem Defizit von 2,7 Milliarden Mark und sprechen von einem gigantischen „Verschiebemanöver“ zwischen dem Haushalt des Sozialministers und den Krankenversicherungen. Barbara Dribbusch