Wenn Fahrräder plötzlich Flügel kriegen

■ Doppelt hält besser: Viele Diebe sind auf nur eine Schloßsorte spezialisiert

Rund eine halbe Million Fahrraddiebstähle werden der Polizei in Deutschland jährlich gemeldet, in Berlin sind es pro Jahr etwa zwischen 25.000 und 30.000. Experten gehen davon aus, daß die Dunkelziffer mindestens doppelt so hoch liegt. „Wer sein Fahrrad nicht versichert hat, meldet den Diebstahl meist nicht“, sagt Benno Koch, Pressesprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Landesverband Berlin. Kein Wunder: Die Aufklärungsquote bei Fahrraddiebstählen liegt weit unter zehn Prozent. Die Tendenz bei Fahrraddiebstählen weist in den letzten Jahren nach oben. Fahrräder werden zunehmend nicht mehr nur für den Eigenbedarf geklaut, sondern immer häufiger im Rahmen organisierter Bandenkriminalität für den Export. Ganz offensichtlich muß man sich also um eine zuverlässige Sicherung Gedanken machen, wenn man etwas längere Zeit Freunde an seinem Drahtesel haben möchte. Ein gutes Schloß – oder besser zwei – hat schon so manchen Fahrradfan vor dem Schlimmsten bewahrt. Stiftung Warentest prüfte 1998 33 Schlösser aus den drei verkaufsträchtigsten Gruppen: Bügelschlösser, Panzerkabel und Spiralschlösser. Sowohl mit Profimethoden als auch mit normalem Werkzeug wurde unter praxisnahen Bedingungen verucht, die Schlösser aufzubrechen. Die Bügelschlösser erwiesen sich als stärkste Typen. Elf erhielten die Note „gut“, drei „zufriedenstellend“, zwei „mangelhaft“. Ein „gutes“ Bügelschloß ist schon für knapp 30 Mark zu haben. Die starren Bügelschlösser sind zwar die sichersten, haben aber einen großen Nachteil: Sie können höchstens den Fahrradrahmen und ein Laufrad mit einem Geländer oder einem Pfahl verbinden. Dickere Bäume oder Laternenmaste sind damit nicht zu umfassen. Das ist mit Panzerkabelschlössern besser möglich. Unter den elf getesteten war jedoch kein „gutes“. Fünf erhielten die Note „zufriedenstellend“, der Rest wurde als „mangelhaft“ oder „sehr mangelhaft“ beurteilt. Spiralkabelschlösser sind zwar leichter und billiger als die zwei anderen Varianten, bieten aber bei weitem den geringsten Diebstahlschutz. Von den getesteten Spiralkabelschlössern waren alle „mangelhaft“ oder „sehr mangelhaft“. Sie sind innerhalb kürzester Zeit auch von blutigen Laien knackbar. „Eine recht sichere Variante ist das Benutzen von zwei Schlössern unterschiedlicher Bauart“, sagt ADFC-Pressesprecher Koch. „Viele Diebe sind nämlich auf eine Schloßsorte spezialisiert.“ Volker Wartmann