Legale Scheinlösung

■ Papst sagt ja zum neuen Beratungsschein. Und Justizministerin Däubler-Gmelin auch

Hamburg/Berlin/München (rtr/epd/taz) – Der Vatikan ist mit der Neuregelung der katholischen Schwangerenkonfliktberatung einverstanden. Der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, der Mainzer Bischof Karl Lehmann, sagte dem Spiegel, er habe bereits am Donnerstag ein entsprechendes Signal aus dem Vatikan bekommen.

Lehmann äußerte die Erwartung, daß der Beratungsschein mit dem vom Papst geforderten Zusatz (Wortlaut: „Diese Bescheinigung kann nicht zur Durchführung straffreier Abtreibungen verwendet werden.“) auch künftig vom Staat akzeptiert wird. Der Zusatz mache den Schein nicht unwirksam. Er sei Ausdruck des Selbstverständnisses der Kirche. Die Frau könne mit dem Schein machen, was wie wolle: „Sie kann ihn zerreißen und in den nächsten Bach werfen. Sie kann aber auch zum abtreibenden Arzt gehen.“

Allerdings befürchtet Lehmann ein „Nord-Süd-Gefälle“ bei der Anerkennung katholischer Beratungsstellen. Notfalls würden die Bischöfe die Anerkennung gerichtlich klären lassen.

Lehmann verteidigte den Zusatz, den zahlreiche Politikerinnen und Frauenverbände als spitzfindig und frauenfeindlich kritisiert hatten. Zwar habe auch er gegen die Neuregelung zunächst Bedenken gehabt, so Lehmann, und sich gefragt: „Sieht das nicht nach Winkeladvokatenverhalten aus?“ Rechtsexperten hätten ihm aber versichert: „Den Staat interessiert das Faktum, daß die Beratung stattgefunden hat, und das steht auf dem Schein.“ Was sonst auf dem Schein stehe, interessiere ihn nicht.

Das sieht Justizministerin Herta Däubler-Gmelin genauso. „Es kommt auf die gesetzmäßige Beratung und den Nachweis an. Liegen beide vor, dann hat der vom Vatikan verlangte Zusatz auf dem Beratungsschein keine rechtliche Bedeutung“, sagte sie der Welt am Sonntag. Bund und Länder wollen in Kürze beraten, ob die modifizierten Nachweise den katholischen Stellen den Verbleib im staatlichen Beratungssystem ermöglichen. Nur dann können sie weiterhin mit öffentlichen Mitteln gefördert und ihre Nachweise anerkannt werden.

Die bayerische Sozialministerin Barbara Stamm (CSU) hat ihre Länderkollegen bereits davor gewarnt, den katholischen Beratungsstellen die Anerkennung zu entziehen. Und ihr Kollege im Justizressort, Alfred Sauter (CSU), schloß eine strafrechtliche Verfolgung aus, wenn Frauen und Ärzte von Oktober an mit dem neuen katholischen Beratungsschein abtreiben sollten. VK