Ein „Beitrag zur Entsklavung der Frau“

Waschvollautomaten made in Germany bringen noch immer Geld ein: Dank Qualität wird Miele heute 100 Jahre alt  ■ Von Thorsten Denkler

Wer die Königin unter den Waschmaschinen sein eigen nennen möchte, der greift zu einer Miele. Wegen der Qualität. Und wegen der eigenen Mutter. Denn es gibt unter wascherfahrenen Frauen wohl nur wenige, die nicht im Zweifel auf Miele setzen. „Ist es auch eine Miele?“ Das ist die Standardfrage auf den Hinweis, man habe sich gerade einen Waschvollautomaten zugelegt. Als einen „wesentlichen Beitrag zur Entsklavung der Frau“ feierte Miele schließlich 1985 seine zehnmillionste Waschmaschine.

Heute hat Miele Geburtstag. Seit einem Jahrhundert sind die Gütersloher für ihre Waschmaschinen berühmt. Doch begonnen hat alles mit einer hölzernen Milchzentrifuge.

Die Firmengründer Carl Miele und Reinhard Zinkann hatten sich viel vorgenommen anno 1899. Gerade jeweils 30 Jahre alt geworden, wollten sie den gefestigten Markt für Milchzentrifugen aufmischen. In einer kleinen Fabrik im westfälischen Herzebrock wollten sie die Maschinen herstellen, mit denen man die Milch vom Rahm trennt.

Obwohl es in der Umgebung damals bereits 31 weitere Zentrifugenfabriken gab, hatte die junge Firma Erfolg, denn ihre Maschinen waren solide gebaut. Miele und Zinkann erweiterten ihre Produktpalette, erst um Buttermaschinen, wenig später die erste Waschmaschine. „Hera“ war ihr Name, und schnell wurde sie das erfolgreichste Produkt, denn sie war praktisch unverwüstlich. Miele hatte sich mit Qualität durchgesetzt, die Marke war geboren.

Miele baute jetzt alles, was sich drehte: Fahrräder, Motorräder, Wasch-, Wring- und Mangelmaschinen – sogar ein Auto, der große Traum der Firmengründer: Die Käufer waren von der Qualität des Wagens beeindruckt, doch den Firmengründern gelang es nicht, ihn zu einem konkurrenzfähigen Preis herzustellen. Nach 125 verkauften Exemplaren stellten sie 1914 die Produktion ihrer roten Zwei- und Viersitzer wieder ein, um ihren erfolgreichene Hausgerätezweig nicht zu gefährden.

Aber eine Waschmaschine ist auch viel beständiger: Der Konsument unserer Tage kauft öfter ein Auto als eine Miele-Waschmaschine. Mindestens 20 Jahre sollen die Maschinen halten, so lautet die Firmenvorgabe. Es gab schon Fälle, in denen eine Miele-Waschmaschine erst nach 30 Jahren im Dienste der Sauberkeit ihren letzen Schleudergang getan hat. Die Kunden schätzen das: 92 Prozent entscheiden sich wieder für Miele, so eine Firmensprecherin stolz. „Der höchste Wert der Branche.“

Auch die Gründer-Enkel Rudolf Miele und Peter Zinkann führen die Firmengeschäfte aus Gütersloh. Der Standort hat Tradtion: Seit 1907 werden hier die Waschmaschinen gebaut. Die sechs anderen Standorte sind nicht weit entfernt: Bielefeld, Warendorf, Oelde, Lehrte und Euskirchen. Die einzige ausländische Produktionsstätte liegt in Österreich. Heute beschäftigt Miele 14.000 Angestellte und macht 3,8 Milliarden Mark Umsatz. Mehr allerdings will das Familienunternehmen nicht verraten. Keine Auskunft darüber, wie sich die Gewinne entwickeln und ob die ausländischen Waschmaschinenhersteller, die mit immer billigeren Automaten in den Markt drängen, Miele zu schaffen machen.

Die Waschmaschinen von heute sind mit denen von vor 100 Jahren nicht zu vergleichen. Damals schlugen von Hand in Bewegung gehaltene schwere Klöppel die Wäsche gegen die Wände der Massivholzfässer. Stunde um Stunde brachten Frauen damit zu, bis die Wäsche endlich sauber war. Von „weißer“ Wäsche war zwar schon damals die Rede, aber ein erreichbarer Zustand war damit nicht gemeint. Doch schon in den Zwanzigern baute Miele Elektromodelle. Inzwischen steuern Mikrochips den Waschvorgang. Sie berechnen das Ladevolumen und stellen die Maschine automatisch auf die Gewebesorte ein. Weiße Wäsche zu waschen ist keine Herausforderung mehr.