Für Kuba ist der Euro ein ökonomischer Heilsbringer

■ Außenhandel wird durch Umstellung auf Euro günstiger. Hoffnung auf Finanzspritze

Hamburg (taz) – Heute fällt der Startschuß für den Euro in Kuba. Alle großen Außenhandelsunternehmen der Karibikinsel werden ihre Transaktionen mit den 11 Maastricht-Staaten ab sofort in Euro abwickeln – und dabei viel Geld sparen, ist sich Francisco Soberón Valdés, Präsident der Zentralbank Kubas, sicher.

Weshalb der schwächelnde Euro nun gerade auf Kuba als Heilsbringer gefeiert wird, liegt für Juan Valdés Paz, einem der bekanntesten kubanischen Sozialwissenschaftler, auf der Hand: „Durch die schrittweise Umstellung des Außenhandels auf den Euro bleiben uns die beträchtlichen Wechselkursverluste erspart. Aufgrund des US-Embargos können wir den Außenhandel nämlich nicht in US-Dollar abwickeln und müssen auf andere Währungen ausweichen, wodurch zusätzliche Kosten anfallen“, erklärt der Wissenschaftler. Allein im letzten Jahr büßte die kubanische Wirtschaft 260 Millionen US-Dollar durch die lästigen Finanztransaktionen ein, klagte Carlos Lage, 1. Sekretär des Exekutivkomitees des Ministerrats und oberster Wirtschaftsverantwortlicher der Regierung. Geld, das schnellstmöglich eingespart werden soll.

Schon die Einführung des Euro im Handelsaustausch mit der EU dürfte sich positiv in den chronisch leeren Kassen bemerkbar machen. 44 Prozent des kubanischen Außenhandels entfallen derzeit auf die Staaten der Europäischen Union, die in den letzten Jahren zum wichtigsten kubanischen Handelspartner aufgestiegen ist. Zudem kommen mehr als die Hälfte der 1,4 Millionen Touristen, die sich im letzten Jahr an den Stränden der Karibikinsel erholten, aus der EU. Insgesamt rechnet Zentralbankchef Soberón mit beträchtlichen Einsparungen und einem wesentlich geringeren Risiko bei den Finanztransaktionen.

In einem zweiten Schritt, wenn der Euro auch an den Rohwarenbörsen Einzug gehalten hat, sollen dann die wichtigsten kubanischen Exportprodukte Zucker, Nickel und Zitrusfrüchte, aber auch die Importe, allen voran das Erdöl, in Euro gehandelt werden.

Langfristig hofft Soberón, daß die neue europäische Währung dem Dollar seine führende Position als Welthandelswährung streitig machen könnte. „Wir setzen unsere Hoffnungen auf den Euro, weil der europäische Finanzmarkt, der eine wichtige Kreditquelle für uns darstellt, weiter wachsen wird.“

Mehr als Kleinkredite einiger europäischer Privatbanken mit hohen Risikoaufschlägen erhält Kuba angesichts eines Schuldenberges von etwa elf Milliarden US-Dollar bei internationalen Gläubigern (ohne Rußland) allerdings nicht. Zwar hat Kubas oberster Banker im letzten Jahr ein Umschuldungsabkommen über 780 Millionen US-Dollar mit Japan ausgehandelt, aber die Verhandlungen mit den internationalen Gläubigern, die im Pariser Club versammelt sind, kommen nicht so recht vom Fleck.

Investitionen braucht die schwindsüchtige kubanische Binnenwirtschaft allerdings dringend. Zwar wurden erstmals seit Jahren die Planvorgaben von 3,6 Millionen Tonnen Zucker erfüllt, doch die Reorganisierung des Zuckersektors und damit auch die Schließung veralteter und unproduktiver Zuckermühlen steht noch aus. Zudem befinden sich die Weltmarktpreise für das süße Gut derzeit auf einem Tiefstand, wodurch die Exporteinnahmen kaum höher als im letzten Jahr sein dürften.

Unter relativ niedrigen Weltmarktpreisen leidet auch die Nikkelindustrie, so daß die Hoffnungen auf dem boomenden Tourismussektor lasten, der auch in diesem Jahr um etwa zwanzig Prozent wachsen soll. Rund 1,7 Millionen Besucher werden erwartet, die etwa 2 Milliarden US-Dollar in die Kassen bringen sollen. Auf maximal 800 Millionen US-Dollar wird sich der Nettogewinn belaufen. Zu wenig, um überfällige Investitionen in der Binnenwirtschaft zu tätigen, weshalb der warme Regen durch die Umstellung auf den Euro gerade recht kommen dürfte. Knut Henkel