Wieder in den Spiegel gucken

Schauen Sie nach der morgenlichen Zeitungslektüre auch manchmal so betrübt aus? Ist beim zweiten Blick in den Spiegel das Lächeln aus Ihrem Gesicht verschwunden, das Sie beim ersten Blick noch entdeckten? Haben Sie schon aufgehört, sich maßlos darüber aufzuregen, wenn die Zeitungsseiten, Magazinflächen und Radionachrichten wieder mal mit Protesten von Bauern-, Ärzte-, Unternehmer-, Arbeitnehmer-, Zeitungsverleger-, Kirchen-, Apotheker-, Rentner-, Kommunal- und anderen Lobbyverbänden gefüllt sind? Befällt Sie nur noch Traurigkeit bei den Nachrichten über diese bigotten Berufsnörgler? Gesellen sich eine leichte Verzweiflung und schwere Müdigkeit hinzu, weil offensichtlich so gut wie niemand noch irgendetwas für spannend hält? Nehmen Sie morgens schlicht immer mehr Ähnlichkeit mit der „Trauernden Maria“ aus dem zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts an? Wenn Sie alle diese Fragen mit einem seufzenden „ja“ beantworten, dann können wir trösten: Sie sind nicht einfach nur „noch“, sondern aber sowas von absolut am Leben! Hach, sehen Sie: ein Lächeln! ck

Abbildung „Trauernde Maria“ aus dem Katalog „Gerettete Originalität“, der jetzt zur gleichnamigen Ausstellung im Paula-Modersohn-Becker-Museum erschienen ist. Er kostet 36 Mark.