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Alma Mater will sich ändern

■ Wider Rotstift und Krisenstimmung: Deutschlands Wissenschaftselite soll der Hamburger Uni auf die Sprünge helfen

„Wenn wir eins wissen, dann dies: In der Universität muß sich vieles ändern.“ Hamburgs Uni-Chef Jürgen Lüthje treibt allerdings weniger diese Erkenntnis als die Sorge um, die anstehenden Änderungen könnten allein durch den Rotstift des Hamburger Senats dirigiert werden: „Wir sind in einer Krisensituation.“ Gestern präsentierte Lüthje deshalb eine Geheimwaffe, von der er sich tatkräftige Hilfe bei der gegenwärtigen „Konfrontation zwischen Universität und Politik“ verspricht: Eine „Beratungskommission“, zusammengesetzt aus elf höchstkarätigen WissenschaftlerInnen quer durch die deutsche Fach- und Unilandschaft.

Diese von Lüthje erkorene Edelcombo soll bis zum Herbst 1996 unter Führung des Mathematikers und langjährigen Bielefelder Rektors Karl Grotemeyer präzise Vorschläge zur, so Lüthje, „Erhaltung und Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit“ der Uni machen. Lüthjes klammheimliche Hoffnung: Die Creme der deutschen Wissenschaft soll endlich mal öffentlich feststellen, daß Hamburgs Sparkurs die Qualität seiner Uni in den Abgrund führt.

Ob Grotemeyer, der bereits durchsetzte, daß auch die Wissenschaftsbehörde aktiv an den Beratungen teilnehmen darf, am Ende nur diesem Wunsch nachkommt, ist ungewiß. „Ein Stück Risiko ist dabei“, so Lüthje. Schließlich könnten Vorschläge kommen, die „den Interessen der Universität nicht entsprechen“. Allzu schlimm wird es wohl aber nicht kommen. Grotemeyer zeigte sich gestern bereits voll des Lobes über die umfangreiche „Struktur- und Entwicklungsplanung“ der Hamburger Uni, die in Deutschland nicht ihresgleichen finde. Hermann Lange, frischgebackener Staatsrat der Wissenschaftsbehörde, hofft dagegen, daß „die Abläufe der Universität effizienter werden“.

Wenn die ehrenamtliche Beratungskommission im kommenden Herbst nach ausführlichen Dialogen mit den Fachbereichen ihre Empfehlungen vorlegt, will Lüthje auch in einen „Ziel- und Profilbildungsprozeß“ einsteigen, an dessen Ende eine wirkliche „Hochschulentwicklungsstrategie stehen soll“.

Die kleine Hochschule für Wirtschaft und Politik ist freilich damit schon viel weiter: Sie verabschiedet am 21. Dezember ein im offenen Hochschuldialog erarbeitetes Leitbild und wird bereits im Frühjahr 1996 die Eckpunkte einer eigenen Hochschulentwicklungsstrategie vorlegen können. Florian Marten

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