■ Mit der Elbe-Erklärung auf du und du
: Viel Wasser fließt

Berlin (taz) – Es war ein Novum in der Umweltpolitik: 1996 verabschiedeten die vier Umweltverbände WWF, Nabu, BUND und Euronatur mit dem damaligen Verkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) eine gemeinsame Elbe-Erklärung. In ihr schrieben sie erstmals Leitlinien zum weiteren Umgang mit dem zweitgrößten Fluß Deutschlands fest.

Vorangegangen war ein vierjähriger Streit zwischen Naturschützern und Wissmann. Die Standpunkte hätten nicht unterschiedlicher sein können: Die Elbe und ihre Nebenflüsse sollten frei von Transportverkehr gehalten werden. Alle geplanten oder im Bau befindlichen Wasserbauprojekte sollten schnellstmöglich gestoppt werden. Die Elbe, jahrzehntelang von den Ostblockstaaten als Kloake der Industriekombinate mißbraucht, sollte nach der Wende wieder zu einer blühenden Flußlandschaft werden, mit intakten Auen und Feuchtgebieten. Dem gegenüber stand das Verkehrsministerium mit der Ansicht, nur mit dem Ausbau der Ostflüsse Elbe, Saale und Havel zu leistungsfähigen Wasserstraßen lasse sich der Aufbau Ost entscheidend voranbringen.

Im Bundesverkehrswegeplan steht der Ausbau der drei Flüsse seit 1992 im vordringlichen Bedarf. Seitdem ringen beide Seiten um jeden Flußkilometer. Jahrelang bewegte sich nichts, auch weil der öffentliche Druck auf die schwarz-gelbe Regierung enorm war. Neben hartnäckigen Bürgerinitiativen standen ganze Kirchentage im Zeichen des Elbe-Schutzes.

Um aus der Sackgasse herauszukommen suchten die Umweltverbände nach einem Weg, der an den Verhandlungstisch führt. Die Vermittlerrolle übernahm dabei Michael Otto, Gründer der gleichnamigen Umweltstiftung zum Schutz der Elbe und Chef des Hamburger Versandhauses Otto. Wissmann ließ sich überzeugen, beide Seiten machten Abstriche, und heraus kam ein Kompromißpapier, mit dem alle zufrieden waren. Um die Elbe zu entlasten, sollten vor allem der schon vorhandene Elbe-Seiten-Kanal und die Oststrecke des Mittellandkanals augebaut werden. Die untere Mittelelbe bleibt bis zur Anpassung des Elbe-Seiten-Kanals befahrbar. Die untere Elbe sollte dauerhaft als Wasserstraße erhalten bleiben.

Vollständig aufgegeben wird der Ausbau der unteren Havel zwischen Brandenburg und Havel-Mündung zu einer Hochleistungswasserstraße. Der geplante Ausbau der unteren Saale jedoch bleibt in dem Papier unerwähnt. Thorsten Denkler