■ General Motors muß (nur) 4,8 Milliarden Dollar Strafe zahlen
: Wirksamer Verbraucherschutz

Vergangene Woche forderten Anwälte in Miami 200 Milliarden Dollar Strafe für fünf US-Tabakkonzerne – weil diese „wissentlich ein schadhaftes Produkt“ hergestellt hätten. Am Freitag folgte ein Urteil – in einem anderen Fall: Ein kalifornisches Geschworenengericht verdonnerte General Motors zur Zahlung von 4,8 Milliarden Dollar Strafe sowie 100 Millionen Dollar Schmerzensgeld an sechs Unfallopfer, die in einem Fahrzeug dieser Marke schwerste Verbrennungen erlitten hatten. Die Konstruktionsmängel waren dem Konzern bekannt gewesen.

Solche Urteile gibt es bislang nur in den USA, und oft erscheinen uns die Summen unverhältnismäßig. Ist es nachvollziehbar, wenn einer Frau 2,9 Millionen Dollar zugesprochen werden, weil sie sich bei McDonald's am Kaffee verbrüht hatte? Ist es, denn letztlich erhielt das Opfer einige hunderttausend Dollar für monatelange Schmerzen und die Erniedrigung eines langwierigen Rechtswegs. Im Falle von General Motors sind die Unfallopfer gar für den Rest ihres Lebens entstellt.

Hinzu kommen die unendlichen Qualen: Eine Frau wurde bisher 70mal operiert. Ihr Anwalt sagt, die Strafe müsse so hoch sein, um Wirkung zu zeigen. Fünf Milliarden Dollar setzt GM in zehn Tagen um. Großunternehmen sollen begreifen, daß sie für ihre Produkte verantwortlich sind. Deren Sicherheit ist wichtiger als Profit oder der Aktienkurs, heißt das Prinzip, und es könnte aus dem Kapitalismus am Ende doch noch eine lebenswerte Gesellschaftsordnung machen. Nur: In Europa gilt es nicht. Man stelle sich vor, in Frankreich müßten die Verantwortlichen für die HIV-verseuchten Blutkonserven, an denen schon 600 Menschen starben, in ähnlicher Weise büßen. Oder die Tierfutterhersteller und Schweinemäster, die den Ausbruch von BSE in Großbritannien zu verantworten haben und wohl auch einige Dutzend Todesfälle bei Menschen durch das Creutzfeld-Jakob-Syndrom. Der Schadenersatz und das Schmerzensgeld, das bei uns in solchen Fällen Opfern zugesprochen wird, soll den Verlust an Leben und Gesundheit kompensieren, mehr nicht. Die Verantwortlichen kommen in der Regel mit einem blauen Auge davon.

Da ist das in den USA übliche Prinzip sinnvoller, da es Lernprozesse erzwingt. Bei dem Urteil gegen die Tabakkonzerne bleibt allerdings ein schaler Nachgeschmack: Wenn die Konzerne verantwortlich für ihr Tun sein sollen, müßte man von den Rauchern das gleiche erwarten können. Stefan Schaaf