Straßenschlacht in Teheran

■ Die Proteste im Iran eskalieren: Erstmals Slogans gegen Religionsführer Chameini

Berlin (taz) – Die Lage in der iranischen Hauptstadt eskaliert. Gestern lieferten sich im Zentrum von Teheran rund 1.000 Demonstraten eine Straßenschlacht mit der Polizei. Ein Auto der Ordnungshüter ging in Flammen auf. An der Universität versammelten sich etwa 5.000 Studenten zum Sitzstreik. Auch Professoren schlossen sich an.

Vorausgegangen war den Protesten eine Razzia in einem Studentenwohnheim. Dabei wurde mindestens ein Mensch getötet. Nach Präsident Mohammad Chatami äußerte sich nun auch der konservative Religiöse Führer des Landes, Ajatollah Ali Chamenei, zu dem Ereignis: Er sei erschüttert. Die Täter müßten bestraft werden, „auch wenn sie Uniform tragen“. Inzwischen richten sich die Proteste jedoch auch gegen Chamenei selbst. Studeten skandieren Slogans gegen seine Person und die Institution des formal mächtigsten Mann im Land an sich: Ein einmaliger Tabubruch in der 20jährigen Geschichte der Islamischen Republik.

Proteste von Studenten werden inzwischen auch aus anderen Landesteilen gemeldet, unter anderem aus Tabris und Schiras. In der Theologenhochburg Qom sagten einige reformorientierte Mullahs gestern ihre Vorlesungen ab – aus Solidarität mit den Studenten. Für heute haben die Mitarbeiter von 20 reformorientierten Zeitungen einen Streik angekündigt. Sie protestieren gegen das Verbot der Zeitung Salam. Das Blatt darf nicht mehr erscheinen, weil es geheime Pläne zur Einschränkung der Pressefreiheit veröffentlicht hatte. Ein entsprechendes Gesetz wird derzeit im Parlament debattiert.

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