Berichtigung

Europäischer Sprachenstreit? „Wo ist eigentlich das Problem?“ fragen die listigen Finnen völlig zu Recht. Denn wer wie mancher deutsche Politiker weder Englisch oder Französisch spricht – der hat eben ein humanistisches Gymnasium besucht. 'Conspectus rerum Latinus‘ heißt die Zusammenfassung der wichtigsten Nachrichten, die jeden Mittwoch auf der Homepage der finnischen EU-Ratspräsidentschaft (www. presidency.finland.fi/frame. asp) besonders für den deutschen Politiker bereitsteht. Um Einwänden wie „Schröder kann informellen Verhandlungen auch auf Latein nicht folgen“ zuvorzukommen, beruhigt die Pressesprecherin Elena Uskola: „Wir haben nicht die Absicht, Latein als Arbeitssprache zu verwenden.“

Daß Finnland gerade mit der deutschen Regierung Streit hat, wird natürlich auch in dem antiken Idiom verkündet: „altercatio quaedam inter Finniam et Germaniam orta est, quia lingua Germanica pro sermone officiali in conventibus apud Finnos agendis non habetur“. Stur halten die Nordländer an ihrer Ansicht fest, daß der Gebrauch des Finnischen statt des Deutschen als dritte Arbeitssprache althergebrachtem Brauch entspreche – „secundum regulas Unionis“.

Wer dem nicht folgen mag, kann diese und andere Presseerklärungen und Informationen auch in englisch, französisch, finnisch, schwedisch oder deutsch lesen. Die lateinischen Mitteilungen werden von den Sprachwissenschaftlern Tuomo Pekkanen (Universität Jyväskylä) und Reijo Pitkäranta (Universität Helsinki) verfaßt. Die beiden haben darin große Übung, weil sie schon seit 1989 „Nuntii Latini“, den lateinischen Nachrichtendienst des finnischen Auslandsrundfunks, betreuen (www.yle.fi/fbc/latini.html).

Auch anderen Finnen mangelt es nicht an linguistischer Kompetenz: Jukka Ammondt zum Beispiel platscht als „Dr. Ammondt“ – nur mit einer Toga bekleidet – durch die finnische Seenlandschaft und singt Elvis-Stücke auf latein. „Dr. Ammondt ist ein wirklicher finnischer Schatz. Ein Mann mit einer Vision“, sagt die Plattenfirma, die seine CD „Rocking in Latin“ vertreibt (www.drammondt.com). Das klangvolle Latein als europäische Amtssprache – was spricht eigentlich gegen diese Vision? Martin Ebner