Schröder über Schröder: toll!

Bundeskanzler Schröder zieht vor seinem Umzug nach Berlin eine selbstbewußte Bilanz. Versteckte, aber unmißverständliche Kritik an Lafontaine, Hombach und den Grünen  ■   Von Jutta Wagemann

Berlin (taz) – Eine solche Vorlage kann Gerhard Schröder nicht ignorieren. Angela Wefers von der Bundespressekonferenz begrüßt Journalistenschüler aus „Eichstätt in Ostdeutschland“. Schröder kann sich sein typisches spöttisches Grinsen nicht verkneifen. „Eichstätt ist eine wunderschöne bayerische Barockstadt“ korrigiert er die Journalistin und klopft ihr väterlich auf den Rücken.

Ein wunderbarer Einstieg für eine Bonner Tradition, die gestern zu Ende ging: Der Bundeskanzler setzt sich vor die berühmte holzgetäfelte Wand des Bundespressekonferenz-Saales und verabschiedet sich mit sattem Eigenlob in die Sommerferien. So haben es schon Helmut Schmidt und Helmut Kohl gemacht. So macht es auch Schröder. Zum letzten Mal. Ab September wird er sich in Berlin den Medien stellen. Die braune Wand ist dann Geschichte.

Gerhard Schröder blickt zurück. Selbstbewußt blitzen die Augen. In der Außenpolitik kann sich „unsere Bilanz außerordentlich sehen lassen“; in der Innenpolitik ist das Sparprogramm auf den Weg gebracht und wird „ohne Abstriche, gegenüber niemandem, durchgesetzt“.

Die Umfragewerte sind im Keller, der Kanzler ist obenauf. Daß Union und FDP laut Forsa derzeit auf 52 Prozent kämen, Rot-Grün aber nur auf 37, ficht ihn nicht an. Die harte Konsolidierungspolitik, die seine Vorgänger versäumt hätten, treffe alle Gruppen. „Ich kann nicht everybody's darling sein“, kokettiert Schröder – gerade so, als wenn er eben doch der Liebling der Nation wäre.

Zumindest der Liebling der Journalisten. Schröder spielt ihnen die Bälle zu. Kritik äußert er nur zwischen den Zeilen, aber so unmißverständlich, daß er die Schlagzeilen vermutlich schon im Kopf hat. „Es wäre richtig gewesen, Eichels Finanzpolitik von Anfang an zu machen“, sagt er trokken. „Wenn das jetzt als Kritik verstanden werden sollte – da ist was dran.“ Wenige Minuten später sendet dpa die Meldung: „Schröder übt Kritik an Lafontaine“.

Um die schwierigen Themen kann sich Gerhard Schröder nicht herummogeln. Doch er verpackt sie derart gelassen, daß man sich fragt, ob er seinen Urlaub schon hinter sich hat. Er betont die „gute Zusammenarbeit in der Koalition“ und äußert Verständnis für die Schwierigkeiten. Mangelnde Koordination könne jetzt allerdings als Ausrede für fehlende Disziplin nicht mehr herhalten. Denn das sei überwunden. Den Namen Hombachs braucht Schröder ebenso wenig zu nennen wie den Lafontaines.

Das gleiche gilt für Trittin. Aus den langen Jahren der Opposition seien es die Fraktionen gewöhnt, sich „an den Ministern abzuarbeiten“. Das schleppe man mit, „auch wenn es jetzt nicht mehr angemessen ist“. Deutliche Kritik am mangelnden Rückhalt der Grünen für ihren Umweltminister.

Niemand jedoch soll auf die Idee kommen, Schröder sei zum Trittin-Anhänger mutiert. Ausdrücklich lobt der Kanzler seinen Vize Joschka Fischer. Als ehemaliger hessischer Umweltminister habe Fischer genug Erfahrung, um mit den Energieversorgern über den Atomausstieg zu verhandeln. „Der populärste Politiker – Stoiber hin, Stoiber her“, sagt Schröder. Was bedeutet schon eine Umfrage.

Viel wichtiger sind dem Kanzler seine „Youngsters“. Die jungen Abgeordneten, die seinen Kurs unterstützen, werden belohnt. So wie er den 33jährigen Hans Martin Bury als Staatsminister ins Kanzleramt berief, kann er sich den Nachwuchs auch als parlamentarische Staatssekretäre vorstellen. In dieser Hinsicht habe die SPD Nachholbedarf.

Sommerloch-Fotos vom Wolfgangsee mit dem Ehepaar Schröder wird es nicht geben. Interviews schon. Aber die wolle er nicht an ihrem Urlaubsort machen, denn die Zeit für seine Frau und seine Tochter sei ohnehin schon so knapp. Mein Gott. Der Kanzler auch noch als perfekter Familienmensch. Da kann ja Clinton noch von ihm lernen.