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Oper in jedem Alter

■ Annäherungsversuch: Die „Classic Card“ lockt junge Menschen in die Konzertsäle

Nasenringe und bunte Haare – müssen gediegene Bürger demnächst sogar in der Oper neben jungen Menschen in einem schwierigen Lebensalter sitzen? Ja, das könnte passieren!

Die letztes Jahr vom Berliner Konzerthaus eingeführte und immerhin 500mal verkaufte „Classic Card“ gilt nämlich nun auch in der Deutschen Oper, das heißt von Nabucco bis zur Matthäuspassion für über 600 weitere Veranstaltungen der Spielzeit 1999/2000.

Die Spielregeln bleiben gleich: Jugendliche bis 27 Jahre können sich für 40 Mark eine „Classic Card“ kaufen (oder sich schenken lassen). Mit dem nicht übertragbaren Plastikstück können sie dann eine ganze Saison lang an der Abendkasse Konzertkarten für 10 Mark, Opern- und Ballettkarten für 20 Mark erstehen – und bekommen unabhängig vom regulären Preis die bestmögliche Plazierung.

Professor Frank Schneider, der Intendant des Konzerthauses, und André Schmitz, Direktor der Deutschen Oper, wollen mit dem Angebot für junge Leute die Zukunft ihrer ehrwürdigen Einrichtungen sichern: Ihr traditionelles Publikum sterbe „mittelfristig“ weg. Programme für Schulkinder wie die gemeinsam mit den Staatlichen Museen entwickelten „Klassik is cool“-Projekte seien zwar sehr erfolgreich – die anschließende Altersgruppe von 20 bis 30 Jahren sei aber „problematisch“ und werde vermutlich „weniger von den künstlerischen Inhalten als von den Rahmenbedingungen“ abgeschreckt.

Daher wollen Konzerthaus und Deutsche Oper zwar weiterhin „an ihrem Kernauftrag festhalten“ und „den großen Reichtum der klassischen Musik pflegen“ – das ganze Drumherum soll aber aufgelockert werden, um jüngeren Besuchern die Schwellenangst zu nehmen. „Wir müssen ganz neue Formen außerhalb des seit Jahrzehnten standardisierten Programms probieren“, sagt Frank Schneider. Zum Beispiel sollen die Prachträume des Konzerthauses neu genutzt werden – etwa für einen „Klavierzyklus im Foyer zur Lunchzeit“.

Gesponsert wird der Annäherungsversuch an die Jugend von der Dresdner Bank, dem Dussmann-Kulturkaufhaus – und vom ADAC. Der Autofahrerclub erhofft sich von klassischer Musik eine beruhigende Wirkung: Wenn „auch nur einige junge Autofahrer“ durch die Classic Card dazu gebracht würden, unterwegs leise „Instrumentalmusik mittlerer Schwierigkeitsgrade“ zu hören – dann sei das „ein Gewinn für alle Verkehrsteilnehmer“.

Ob es den ADAC da mal nicht aus der Kurve trägt? So ein Opernbesuch kann ganz schön aufwühlen. Martin Ebner

„Wir müssen ganz neue Formen außerhalb des standardisierten Programms probieren.“

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