Angolas Armee im Vierfrontenkrieg

■ Den Großteil Angolas hat sie zwar an die Unita verloren. Dafür kontrolliert sie die lukrativsten Teile der nördlichen Nachbarländer

Berlin (taz) – In Angola kämpft sie gegen die Rebellen der Unita. In der Demokratischen Republik Kongo unterstützt sie die Regierung von Präsident Laurent Kabila. In Kongo-Brazzaville sichert sie die Infrastruktur der Ölförderung. In Cabinda, der angolanischen Exklave zwischen den beiden Kongos, ist sie in der Offensive gegen Separatisten. Angolas Armee, eine der mächtigsten Afrikas, führt an vier Fronten Krieg.

Angolas Präsident Eduardo dos Santos war der einzige Staatschef der am Kongo-Krieg beteiligten Länder, der am vergangenen Wochenende nicht persönlich zur Unterzeichnung des Kongo-Friedensabkommens nach Sambia reiste. Und am Mittwoch erklärte ein angolanischer Armeesprecher, man denke nicht an einen Truppenabzug aus dem Kongo.

Angolas Truppen in der Demokratischen Republik Kongo sind kaum am Krieg gegen die kongolesischen Rebellen beteiligt. Sie sichern vor allem den Westen des Landes, damit das Gebiet zwischen Kinshasa und dem Atlantischen Ozean nicht der Kontrolle Kabilas entgleitet.

Wenn das passieren würde, sähe es nämlich für die drei Regierungen in Kinshasa, Brazzaville und Luanda düster aus. Denn das angolanisch-kongolesische Grenzgebiet ist auf angolanischer Seite nicht in Händen der angolanischen Armee. Die Rebellenbewegung Unita, die über zwei Drittel Angolas beherrscht, hat den Grenzbereich fest im Griff. Inzwischen sind die Unita-Rebellen nahe an Soyo herangerückt, ein wichtiger Ort der angolanischen Ölförderung. Weiter südlich versuchen sie, die Hauptstadt Luanda – in die sich Hunderttausende Flüchtlinge drängen – einzukesseln. Ende Juni mußte Angolas Regierung erstmals zugeben, daß die Unita in der Hauptstadt aktiv ist.

Angolas Regierung kauft jetzt mit den Milliardeneinnahmen aus der Ölförderung Waffen aus Osteuropa, um nach eigenen Angaben im August eine Großoffensive gegen die Unita zu starten. Die wurde bereits mehrfach angekündigt, hat sich aber immer wieder verzögert, weshalb der Unita-Würgegriff auf belagerte angolanische Städte viel länger andauert als erwartet. 1,7 Millionen der 13 Millionen Angolaner sind derzeit auf der Flucht im eigenen Land.

Nicht viel besser sieht die Lage für die Regierung von Kongo-Brazzaville aus, die sich seit Ende 1998 einem bewaffneten Aufstand von Anhängern der von ihr 1997 gestürzten Vorgängerregierung erwehrt. Die gesamte Region zwischen der Hauptstadt Brazzaville und dem Hafen Pointe-Noire war zeitweise unter Kontrolle von Oppositionmilizen. Inzwischen kämpft sich die Regierungsarmee von Präsident Sassou-Nguesso mit einer Taktik der verbrannten Erde wieder vor. In diesem Krieg, der nach Berichten von Menschenrechtsgruppen Tausende Tote fordert, wird Sassou-Nguessos Armee von angolanischen Regierungssoldaten unterstützt, die Pointe-Noire besetzt halten. Die Opposition hat sich ihrerseits mit der Unita zusammengetan. Könnte sie ihr Territorium im Süden von Kongo-Brazzaville mit dem Unita-Gebiet im Norden Angolas verbinden, wäre diese Allianz praktisch unschlagbar. Deshalb ist es den drei Regierungen so wichtig, den zwischen Kongo-Brazzaville und Angola liegenden Teil der Demokratischen Republik Kongo nicht zu verlieren.

Wichtig für Angolas Regierung ist auch die Kontrolle über die Exklave Cabinda. Von Cabinda und Soyo wird Angolas Ölförderung in der Tiefsee vor der Meeresküste koordiniert. In Cabinda ist eine separatistische Rebellenbewegung aktiv. Die berichtet seit einiger Zeit von einer Großoffensive der Regierungstruppen der umliegenden Länder gegen sie.

Als Ergebnis ihres Vierfrontenkrieges kontrolliert Angolas Armee unter Mißachtung der komplizierten internationalen Grenzen die gesamte Atlantikküste in der Region und damit die gesamte Ölförderung, gemeinsam mit ausländischen Firmen, vor allem aus Frankreich. Damit hat sie das Schicksal der Regierungen in Brazzaville und Kinshasa in der Hand. Ohne ihre aktive Mitwirkung hat ein Friedensprozeß, ob in den beiden Kongos oder in Angola, keine Chance. Dominic Johnson