Rennradlerseele tief getroffen

betr.: „Herr Hefele kriegt zwei Minuten“, taz vom 13. 7. 99

Mein Gott, Herr Hefele, hören Sie doch endlich mit dem Geschwafel auf! Wenigstens, wenn es um Radsport geht, denn davon haben Sie soviel Ahnung wie eine Kuh von der Käseherstellung. Da haben sie heute nicht mal die zwei mickrigen Spalten ihrer jämmerlichen Kolumne mit Radsport-„Kritik“ füllen können, sondern schwadronieren fast eine Spalte lang über die Gemeinsamkeit von Hobbyradsportlern und den Weltspielen der geistig Behinderten. Vielleicht sollten sie einmal von diesen Weltspielen berichten, da wäre ihre Kompetenz wahrscheinlich bedeutend höher!

Nun weiß ich natürlich nicht, ob Sie schon einmal Sport betrieben haben oder ob Sie auch nur so weit laufen, wie sie ihren Autoschlüssel werfen können. Aber gut, vielleicht bewegen Sie sogar ab und an sportlich ihren gestählten Körper, wahrscheinlich vorzugsweise mit ein paar Kumpels auf dem Fußballfeld. Wie sieht das dann bei Ihnen aus, wenn doch (und davon gehe ich aus) diese „ mönchische Ernsthaftigkeit“ fehlt? Hüpfen Sie dann wie Kasper über das Fußballfeld, schlagen Purzelbäume und lachen sich bei jedem Rasenhuckel halb tot? Und wahrscheinlich spielen Sie auch mit Jeans und Westover Fußball, man möchte ja nicht „hochwichtig“ aussehen. Bevorzugtes Schuhwerk sind Slipper, gespielt wird mit einer 5,99-Gummiblase von Aldi. Und jetzt können Sie mit Stolz davon ausgehen, daß niemand den schrecklichen Verdacht äußert, daß Sie Ihren Sport zu ernst nehmen. Sie sehen, ich bin in meiner Rennradlerseele so schwer verletzt, daß ich noch nicht mal ihre Kolumne vertrage. Das ist schrecklich. Die taz bevorzugt eben jene Radfahrer, die mit Trekkingfahrrad und (regendichter!) Ortlieb-Tasche im heroischen Kampf für die grüne Sache und gegen erhöhtes Kohlendioxid brav auf Fahrradwegen herumzuckeln und anderen Mitbürgern zeigen, daß nicht der Spaß am Radfahren, sondern die richtige Lebenseinstellung der wesentliche Antrieb für ihr mühsames Treiben sind (welche mönchische Ernsthaftigkeit!).

Na gut, am Wochenende darf es dann schon einmal ein „Genußausflug“ zum 25 Kilometer entfernten Baggersee sein, den man lokker (natürlich in Begleitung der Familie, die Frau fährt mit dem Balg im Hanf-Strampelanzug wegen Gleichberechtigung und so vorneweg) in zwei Stunden erreicht. Dieser Zielgruppe widmet die taz dann auch schon mal ihre mehrseitigen Beilagen über den richtigen Umgang mit Fahrrädern, in welchen man nachlesen kann, daß das gute Stadtrad 21 Shimano-Gänge hat. Aha. Herr Hefele, würden sie ein Auto unter dem Gesichtspunkt kaufen, daß es 16 Ventile hat?!

Ach Gott, jetzt bin ich ja abgeschweift. Na ja, Herr Hefele, eigentlich wollte ich Ihnen mitteilen, daß Sie ihr Ziel erreicht haben und mich ganz tief in meiner papageibunten und mönchsernsten Rennradlerseele [Ist das auch so eine Seele, die vorzugsweise in „geschützten“ Grünanlagen erwartet, daß alles, was sich auf zwei, drei oder vier Beinen fortbewegt, bei ihrem Heransprinten (egal ob von vorne oder hinten) in Büsche oder Bäche springt, damit sie nur ja nicht bremsen muß? Dann bitte noch einmal, Herr Hefele! d.sin] getroffen haben. Carsten Stibenz, Jena