Das Portrait
: Der finnische John Wayne

■ Paavo Lipponen

Nein, Paavo Lipponen hat nichts gegen die deutsche Sprache. Er spricht sie sogar ausgezeichnet. Und daß es in „Saksa“ (Deutschland auf finnisch) so einen Aufstand geben sollte, nur weil sich die finnische EU-Präsidentschaft an die Praxis halten und neben der Sprache des Gastlands nur Englisch und Französisch als Arbeitssprache benutzen will, hätte er sich niemals träumen lassen: „Wenn wir plötzlich Deutsch bevorzugen, mit welchem Recht sollten wir dann weitere Sprachen ausschließen?“

EU-Ratspräsident und Finnlands Premier: Paavo Lipponen Foto: Reuters

Paavo Lipponen mag einem kleinen EU-Land mit einer Sprache, die sonst niemand versteht, vorstehen und auf den ersten Blick noch so träge, schüchtern und zurückhaltend wirken. Doch über sich selbst sagt er: „Ich bevorzuge den Stil von John Wayne.“ Der Sozialdemokrat ist weder ein mitreißender Redner noch von überschäumendem Temperament – schließlich ist man ja Finne. Seine GenossInnen wählten ihn trotzdem zum Vorsitzenden, und seine Landsleute schätzen den ruhigen Stil so sehr, daß sie ihm die in der finnischen Innenpolitik gar nicht so häufige Gunst erwiesen, in einer zweiten Legislaturperiode einer unveränderten Regierungskoalition vorzustehen.

Der Mann mit der stoischen Ruhe hat nicht nur schwere politische Affären überlebt, sondern auch die Klatschpresse ausgesessen: die ihm übelnahm, mit einer drei Jahrzehnte jüngeren Frau in „wilder Ehe“ zusammenzuleben – er hat sie jüngst geheiratet –, sich darüber lustig machte, daß er wohl als erster europäischer Staatschef Vaterschaftsurlaub nahm. Und dann gar nichts mehr zu sagen wußte, als er Ende Juni zu einem nordischen Gipfeltreffen in Island mit einem Babytragekorb, in dem sein jüngstes Kind den Blitzlichtern entgegenstrahlte, die Gangway des Regierungsflugzeugs hinunterkletterte.

Politisch hat der 58jährige studierte Staatsrechtler und gelernte Journalist sein Land mit einer rigorosen Sparpolitik von einem mehr als zweifelhaften Aspiranten zu einem EU-Musterland gemacht. Die Erweiterung der EU Richtung Osten und die Wiederaufbauhilfe nach dem Kosovo-Krieg hat er zu Schwerpunkten seiner Ratspräsidentschaft erklärt. Die Pflege der EU-Beziehungen zu Rußland und eine Lösung der schweren Umwelt- und Atommüllprobleme jenseits der Ostgrenze sind ein spezielles Arbeitsfeld Lipponens. Keine Mark und keine Mühe sei hier vergebens investiert, denn, so Lipponen, „ein unstabiles Rußland destabilisiert die gesamte EU“. Reinhard Wolff