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: Im Überfluß

„37 °: Ich kauf' mich glücklich“, Dienstag, 22.30 Uhr, ZDF

Ulrike erfreut ihre Freunde gerne mit Pfennigartikeln, Ariane „verbummelt“ an einem Nachmittag schon mal 15.000 Mark, Steffi steht auf Kataloge, Herr B. auf edle Konfektion. Ebenso Charlotte: „Ich habe mich zugekauft“, sagt sie und zeigt auf ihr jeden Wohnraum vernichtendes Kleiderlager.

Der „37 °“-Reportage „Ich kauf' mich glücklich“ ergeht es wie ihrem Gegenstand: Sie kommt mit dem Überfluß nicht klar. In den knappen 30 Minuten bombardiert uns Sibylle Trost mit Schicksalen, Zahlen, Definitionen. Das klingt mal systemkritisch: „Kaufen und Besitzen bestimmen in unserer Konsumgesellschaft den Wert eines Menschen“, mal schlicht: „Es geht um Gefühle.“

Als hätten wir das nicht schon vorher gewußt. Ganz im Sinne der kritisierten „Konsumgesellschaft“ bleibt die Reportage an der glatten Oberfläche. Die reiche Gattin Ariane präsentiert ihre Sucht ironisch, sie kann schließlich gar nicht pleite gehen. Die arme Charlotte dagegen ist hilflos, verunsichert und einsam. An ihr lernen wir, was Kompensationskauf ist. Könnte es nicht umgekehrt sein? Ist nicht auch Ariane hilflos, und findet nicht auch Charlotte einmal Distanz zu ihrem Problem?

Angesichts der Banalität der vorgeführten Schicksale und des überfrachteten Kommentars sehnte man sich geradezu nach Bescheidenheit. Nach weniger Personal, mehr dokumentarischer Neugier und sogar nach dem Experten vor der Bücherwand. Weil aber „37 °“ ein Reportageformat ist, mußte selbst der Konsumforscher im Erlebniskaufhaus vernommen werden. Es gehe immer auch um emotionale Teilnahme, erläuterte er. Leider galt das nicht für diese Reportage. Klaudia Brunst