Ein Mann der „neuen Mitte“

■ Der neue WTO-Chef Moore ist ein Verfechter des freien Welthandels

Sydney (taz) – Als der Neuseeländer Mike Moore im heimischen Christchurch erfuhr, daß er – zumindest für 3 Jahre – zum neuen Chef der Welthandelsorganisation (WTO) erkoren worden war, lag er gerade mit einer schweren Grippe im Bett. Das monatelange politische Gezerre um die Führungsposition hatte selbst die unerschöpflich scheinende Energie des 50jährigen neuseeländischen Labourpolitikers aufgebraucht.

Monatelang hatte Moore in Genf um sein neues Amt gekämpft. Er wohnte in einem bescheidenen Hotel und gab für seine Kampagne „mein Erspartes und selbst das Geld meiner Frau“ aus. In der Öffentlichkeit beruft er sich ganz gern auf seine „einfache Herkunft“. Der ehemalige Drukker und Sozialarbeiter, der die Schule schon mit 15 Jahren verlassen hatte, war 1990 die Hoffnung der Labourpartei, die durch die erbarmungslose Umstrukturierung und Deregulierung der neuseeländischen Wirtschaft bei ihren traditionellen Wählern in Mißkredit geraten war. Daß Moore als Handelsminister und Vorsitzender des Kabinettkomitees für wirtschaftliche Entwicklung maßgeblich mit zur Deregulierung der neuseeländischen Wirtschaft beigetragen hatte, wurde dabei geflissentlich übersehen. Die von einer Führungskrise geschüttelte Regierungspartei ernannte den charismatischen Vollblutpolitiker zum Premierminister und zog mit ihm in den Wahlkampf. Moore war jedoch nur 6 Wochen lang in diesem Amt: Labour verlor die Wahl.

So wurde Moore Oppositionsführer. 1993 entmachtete ihn der linke Flügel seiner Partei. Daraufhin warnte er davor, zur alten „enggefaßten“ Labourpartei zurückzukehren. Er wolle eine Partei, die die Interessen des „durchschnittlichen Neuseeländers“ vertrete. Seit 1996 ist Moore Sprecher für Außenpolitik und Außenhandel.

Moore gilt als enthusiastischer Befürworter eines weltweiten freien Handels, steht aber als ehemaliger Arbeiter und Gewerkschafter auch einer Einbeziehung weltweiter Arbeitsbedingungen in die Aufgaben der WTO aufgeschlossen gegenüber.

Moore wird sein Amt im September dieses Jahres aufnehmen und im November ein wichtiges Ministertreffen in Seattle eröffnen. Im August 2002 soll ihn der Thailänder Supachai Panitchpakdi ablösen. Esther Blank