Nordirlands Sinn Féin begräbt Karfreitagsabkommen

■ Entwaffnung der IRA bis zum einst vereinbarten Termin Mai 2000 abgelehnt

London (AP/taz) – Nordirlands IRA-nahe Partei Sinn Féin hat gestern eine Entwaffnung der Untergrundorganisation bis zum Mai 2000 ausgeschlossen und damit Hoffnungen, das Friedensabkommen vom Karfreitag letzten Jahres könne doch noch umgesetzt werden, einen weiteren Rückschlag versetzt. In einem BBC-Interview sagte der stellvertretende Parteivorsitzende Pat Doherty, die Entwaffnung der IRA stehe „gänzlich außer Frage“ angesichts dessen, daß die Unionisten in Nordirland bisher jede Frist mißachtet hätten.

Im Karfreitagsabkommen von 1998 wird der Mai 2000 als Termin für den Abschluß der Entwaffnung aller paramilitärischen Organisationen in Nordirland festgelegt. Mitte Juli hatten die Unionisten die Bildung einer gemeinsamen Regionalregierung für Nordirland platzen lassen, weil die IRA sich weigerte, sich auf einen Termin zum Beginn ihrer Entwaffnung festzulegen.

Doherty sagte, eine Entwaffnung „muß im politischen Kontext geschehen, und es gibt im Moment keinen politischen Kontext. Wir sind nicht einmal in der Nähe dieses Kontextes.“ Er sagte, eine Entwaffnung müsse auch die britische Armee und die nordirische Polizei betreffen. Dies allerdings steht so nicht im Karfreitagsabkommen.

Der Vorstand von Sinn Féin war am Samstag in Dublin zu Beratungen über die jüngsten Rückschritte im nordirischen Friedensprozeß zusammengetroffen. Zum Abschluß dieses Treffens wurde keine Erklärung abgegeben. Nach einem BBC-Bericht will sich die Partei im Laufe der kommenden Woche äußern. Der Friedensprozeß ist nach Scheitern der Bildung einer Regionalregierung ohnehin bis September auf Eis gelegt.