Aus der Traum von der Lehre

■ BAGS: Reno-Werkhof kann ab August keine Lehrlinge mehr ausbilden

Peter G. schiebt Frust. Seit Anfang der Woche läuft nichts mehr so, wie er sich das vorgestellt hatte. Am kommenden Montag wollte der 21jährige seine Lehre als Tischler beginnen. Ein ABM-Jahr beim Reno-Werkhof in Steilshoop lag hinter ihm. Nun sollte er im gleichen Projekt endlich richtig ausgebildet werden (siehe taz vom 24./25.7.1999). „Tischler war immer mein Traum“, sagt Peter. Die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) machte diesen Traum nun zunichte. Per Fax teilte sie dem Projekt mit, die Ausbildung werde nicht weiter gefördert.

Seit 1997 ist der Reno-Werkhof das einzige Hamburger Projekt, das jungerwachsene Männer zunächst als ABM beschäftigt, um ihnen im Anschluß eine Berufsausbildung anzubieten. Fast alle Jungmänner bei den Renos haben Erfahrungen mit Polizei und Jugendgerichtshilfe, viele von ihnen kommen aus einschlägig bekannten Streetgangs. Dennoch brach kein einziger der zehn Azubis, die vor zwei Jahren ihre Ausbildung begannen, die Lehre ab. Acht von ihnen schafften die Gesellenprüfung.

Die zuständige Jugendgerichtshilfe bescheinigt dem Reno-Werkhof, es sei dem ganzheitlichen Arbeitsansatz zu verdanken, „daß der überwiegende Teil der Jugendlichen nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei den Renos sozial stabilisiert ist und nicht mehr durch deliquentes Verhalten auffällt“.

Am 2. August sollten Peter G. und neun weitere Jungerwachsene ihre Lehre beginnen. Während fünf frischgebackene Reno-Maler am vergangenen Freitag noch ihre Freisprechung feierten, trudelte der negative Bescheid der BAGS ein – begründet wurde er nicht, das soll in einem Gespräch kommende Woche nachgeholt werden. „Bei uns ist die Nachricht mit gelindem Entsetzen aufgenommen worden“, sagt Holger Stümpel, Geschäftsführer vom Verein für Soziale Arbeit und Forschung, dem die Renos angegliedert sind. 750.000 Mark hatte sein Verein bei der Behörde aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) beantragt, um die Ausbildung fortführen zu können. Diese Summe deckt zwei Jahre lang die branchenüblichen Löhne der Lehrlinge und die Gehälter von zwei Ausbildungsmeistern.

Das scheint der BAGS zu teuer. Rund zwei Millionen Mark, so erklärt Behördensprecher Stefan Marks, koste das Projekt doch realistisch gesehen, inklusive aller Anleiter und der vorangehenden ABM-Phase. „Es gibt Möglichkeiten“, so Marks, „an anderer Stelle mit demselben Geld mehr zu erreichen.“ Die BAGS habe den Verein schon 1995 darauf hingewiesen, daß das ESF-Projekt am 31.7.1999 beendet wird. Damals war die Reno-Ausbildung noch gar nicht angelaufen. Karin Flothmann