Kommentar
: Liebe Karrierehengste?

■ Blöder Gewerkschaftsstreit bringt nichts

Ein Clinch um Arbeitszeitkonten von 150 oder 300 Überstunden? Ganz ernst wirkt das nicht, hat die IG Metall doch selbst schon Verträge über solche Arbeitszeitkonten abgeschlossen wie sie sie jetzt verweigert – wenn auch nur in Firmen, wo sie kontrollierte, wieviele Überstunden geleistet werden und wo Neueinstellung nötig wäre. Das alles ist bei STN zur Zeit eher nicht gegeben. Aber ist das Grund genug dafür, daß die Arbeitnehmervertreter sich getrennt voneinander zu Verhandlung mit den Chefs zusammensetzen? Kaum.

Es geht also um mehr. Worum, das zeigt die Beschäftigtenstruktur im Ex-Metallerbetrieb STN, wo die Gewerblichen, klassisches Rekrutierungsfeld der IG-Metall, auf 250 Köpfe abgeschmolzen sind. Der Rest sind heute Leute mit Hochschulabschluß und mehr. Hochkarätige Software-Ingenieure etwa, Männer zu 90 Prozent, die die Gewerkschaftskunden von morgen sein sollen, andererseits – als Ingeniersgruppe im ungehemmten Schaffensrausch etwa – für Arbeitszeitpolizisten wenig übrig haben. Sie will man gewinnen. Ganz falsch liegt die DAG mit ihrer Freizügigkeit da wohl nicht.

Allerdings – wenn das Gefeilsche um Überstundenkonten alles ist, was Gewerkschaften derzeit bieten können, ist das zu wenig. Mit gesellschaftlicher Erneuerung hat das nichts zu tun. Überstunden nämlich sind Lebenszeit – vielleicht auch der Ingenieursfrauen, die während Papa schuftet, die Kinder großziehen. Eva Rhode