Deutsche Kampfjets nach Thailand?

■ Die Regierung in Bangkok steht vor der Entscheidung über den Kauf von 50 ausgemusterten Alpha-Jets der Bundesluftwaffe

Bangkok (taz) – Mit einem Super-Sonderangebot macht Deutschlands rot-grüne Regierung derzeit in Bangkok Furore: Zum Stückpreis von nur 50.000 Mark will sie der königlich-thailändischen Luftwaffe 50 ausgemusterte Kampfflugzeuge verkaufen. Bis zum Wochenende soll Thailands Regierungschef Chuan Leekpai entscheiden, ob er die deutschen Alpha-Jets haben will. In Bangkoks Medien und im Militär tobt seit Wochen eine Debatte über das geplante Rüstungsgeschäft. Zwar haben die Verantwortlichen in der Armee dem Kauf bereits zugestimmt. Aber Kritiker warnen, das „Schnäppchen“ (so ein deutscher Diplomat) könnte für Thailand doch nicht ganz so billig kommen:

Die Jets wurden schon vor zwei Jahren aus der deutschen Luftwaffe ausgemustert. Bevor sie in Südostasien fliegen würden, müßten sie erst umgebaut werden – für 2,5 Millionen Mark pro Jet. Dies soll laut geplantem Vertrag die deutsche Rüstungsfirma Dornier machen. Für Thailand wäre dies angesichts der Wirtschaftskrise eine schwere Belastung. Die Gegner des Deals fürchten, die alten Flieger müßten künftig häufig und teuer repariert werden.

Zwar haben die Deutschen versichert, daß die Jets noch mindestens 15 Jahre lang fliegen. Solange gäbe es auch Ersatzteile. Aber die Skepsis ist groß. Thailands Luftwaffe hat nämlich schon eine hübsche Sammlung fluguntauglicher Maschinen. Nur zwei von neun alten Harrier-Jets, die das Militär vor wenigen Jahren kaufte, können derzeit aufsteigen: Die Ersatzteile sind viel zu teuer.

Selbst Militärs fragen, warum das Land sich überhaupt solche Kampfflieger leisten soll? Gegen die birmesischen Soldaten und Rebellen, Drogen- und Edelholzschmuggler, die Thailands Grenzgebiete immer wieder unsicher machen, nutzen sie nichts. „Ich bezweifle“, zitierte die Bangkok Post einen ehemaligen hohen Offizier der Luftwaffe, „daß es im nächsten Jahrzehnt eine Bedrohung gibt, die den Kauf der Alpha-Jets rechtfertigen würde.“

In der Vergangenheit waren die Militärs um phantasievolle Begründungen nie verlegen: Als die Marine vor einigen Jahren den einzigen Flugzeugträger in ganz Südostasien erstand, erklärte sie unter anderem, er solle „gegen Piraten“ und bei „Überschwemmungen“ eingesetzt werden. Bis vor kurzem machten hohe Generäle keinen Hehl aus anderen Motiven. So erklärte der für den Kauf des Flugzeugträgers zuständige General, er habe eine „ehrliche Kommission von 15 Prozent“ vom spanischen Verkäufer erhalten.

Doch Regierungschef Chuan gilt auch bei seinen schärfsten Feinden als persönlich völlig unbestechlich – was nicht unbedingt für alle seine Parteifreunde zutrifft. Als erster Zivilist übernahm Chuan auch das Verteidigungsministerium und versucht, die immer noch einflußreiche Armee unter Kontrolle zu bringen. Mehrfach verärgerte er die Militärs bereits, als er profitable Rüstungskäufe ablehnte. Sein Sparkurs und der Hinweis auf fehlende Gelder zum Beispiel für die Schulen des Landes gefällt ihnen gar nicht. Nach Jahrzehnten der Militärdiktaturen und Putschversuche ist die gegenwärtige Debatte um die Alpha-Jets daher auch ein ermutigendes Zeichen dafür, daß Thailand auf dem Weg zur zivilen Gesellschaft ist.

Für die Deutschen wäre das Geschäft nützlich: Denn seitdem die Alpha-Jets eingemottet wurden, um, wie es heißt, „die Abrüstungsverpflichtungen nach der Wiedervereinigung zu erfüllen“, versuchte Bonn die Flotte loszuwerden. Allein ihre Instandhaltung kostet monatlich 300.000 Mark. Dornier und die deutsche Rüstungsindustrie würden sich sehr über das Geschäft mit den Thais freuen. Schließlich schläft die Konkurrenz nicht. Es ist wohl kein Zufall, glauben deutsche Diplomaten, daß Washington den Thailändern gerade jetzt sieben gebrauchte Motoren für die lahmen Harrier „geschenkt“ hat, damit die mal wieder vom Flugzeugträger starten können. Jutta Lietsch