Frohe Italiener

So wohl wie derzeit haben sich Italiens Währungshüter und Finanzverantwortliche lange nicht gefühlt. Gerade noch hatten sie die Köpfe eingezogen, weil ihre Inflation um ein paar Zehntel gestiegen war und sie die üblichen Prügel aus Brüssel von wegen Auswirkungen auf den Euro erwarteten, da stellte sich heraus, daß es bei den Deutschen noch schlimmer steht.

Erstmals seit Monaten „kann man sich wieder öffentliche Euro-Begeisterung leisten“, frohlockt ein hoher Beamter der Nationalbank. Die Italiener, wie immer verwundert um den Kult der Inflationsprozente, weil die Preise ihrer Wahrnehmung nach auch dann fühlbar steigen, wenn es offiziell gar keine Inflation gibt, lassen sich anstecken. „Wann kann ich denn jetzt meine Rente in Euro abholen?“, fragt keck ein altes Mütterchen in Pontinia südlich von Rom. Der Beamte allerdings schüttelt den Kopf. „Weißt du, Oma, wir sollten erst dafür sorgen, daß ihr hier nicht mehr anstehen müßtet und euch die Rente überwiesen wird“, sagt er. „Aber da sind wir noch Lichtjahre von entfernt.“

Italien gehörte seit eh und je zu den Verfechtern des Euro – er ist Symbol fürs Dabeisein in Europa. Die meisten allerdings wissen nicht so genau, was man denn nun damit soll. Daß der Tourismus deutlich lahmt, weil Wechselkurs-Anreize fehlen, merkt man erst jetzt so richtig. Und daß kreative Buchführung beim Staatshaushalt vom Ausland nicht mehr als italienische Exotik belächelt, sondern streng sanktioniert wird, müssen die Regierenden auch erst nocht lernen. „Die Stimmung kann durchaus noch kippen“, sorgt sich der Notenbank-Beamte. Aber bis dahin, hofft er, ist er schon in Pension. Werner Raith