Kongos Uran und Kabilas Nord-Korea-Connection

■ Von Militärhilfe bis zum Uran: Nord-Korea und die Demokratische Republik Kongo pflegen vielfältige „brüderliche Beziehungen“. Dritter Partner im Bunde: Simbabwe

Berlin (taz) – Es war ein merkwürdiges Dementi, das Nord-Koreas Botschafter in der Demokratischen Republik Kongo Ende letzter Woche in die Welt setzte. Es sei gar nicht wahr, sagte Han Bong Tchong nach einem Bericht der staatlichen kongolesischen Nachrichtenagentur ACP, dass Nord-Korea dem Kongo helfe, eine Atombombe zu bauen. Solche Anschuldigungen seien ein „Komplott unserer Feinde“.

Den vom Botschafter abgewehrten abenteuerlichen Vorwurf hatte allerdings niemand erhoben. Vielmehr geht das umgekehrte Gerücht um: Kongo helfe Nord-Korea bei seinem atomaren Rüstungsprogramm. Zu diesem Zweck seien Nord-Koreaner in die südkongolesische Stadt Likasi eingerückt, wo sich die Uranmine Shinkolobwe befindet.

Die Mine von Shinkolobwe ist die älteste und einst ertragreichste Uranmine der Welt. Sie entstand unter der belgischen Kolonialherrschaft im Jahre 1915; ihre Existenz wurde bis 1922 geheimgehalten. Die belgische Bergbaufirma Union Minière in Belgisch-Kongo genoss damals mit dieser Mine praktisch ein Monopol auf die weltweite Radiumherstellung. 1937 wurde die Mine geschlossen, als sich eine Uranerzhalde von 2.000 Tonnen angesammelt hatte. Das Uranerz wurde in die USA transferiert und dort unter anderem für den Bau der Atombomben benutzt, die 1945 auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden. Shinkolobwe wurde unterdessen von den Belgiern geflutet.

Das Eigentum an der Mine ging nach der Unabhängigkeit Belgisch-Kongos 1960 im Zuge der Verstaatlichungspolitik des zairischen Diktators Mobutu an die zairische Staatsfirma Gécamines über. Unter Laurent Kabila, der Mobutu 1997 stürzte, wurde die Gécamines in eine Holding unter Kontrolle des simbabwischen Unternehmers Billy Rautenbach überführt. Seit diesem Vorgang wird über eine nordkoreanische Präsenz in der Region berichtet. Simbabwe spielt in den Beziehungen zwischen Kabila und Nord-Korea eine Schlüsselrolle.

Simbabwes Präsident Robert Mugabe genoss als Guerillaführer gegen die weiße Siedlerherrschaft im früheren Rhodesien wie auch nach der Unabhängigkeit 1980 militärische Unterstützung aus Nord-Korea. Nordkoreaner bildeten und rüsteten die 5. Brigade der simbabwischen Armee aus, die 1983 einen blutigen Krieg gegen Regimegegner in der Provinz Matabeleland mit 20.000 Toten führte.

Ein Teil von Simbabwes Rüstungsmaterial fand 1996 – 97 den Weg zu Laurent Kabila, Führer einer Rebellion gegen Diktator Mobutu im damaligen Zaire. Während Ruanda und Uganda Kabila mit Bodentruppen halfen, lieferte Simbabwe modernstes Rüstungsmaterial, auch Flugzeuge. Nach Kabilas Machtergreifung 1997 wurde daraus eine kongolesische Kriegsschuld in Höhe von 30 Milliarden Dollar errechnet.

Unter anderem zur Begleichung dieser Schuld wurde Simbabwe der Einstieg in die kongolesische Bergbauindustrie ermöglicht. Im Herbst 1997 ging die unter Mobutu völlig zugrunde gewirtschaftete staatliche kongolesische Bergbaufirma Gécamines mit einem Anteil von 20 Prozent zusammen mit der simbabwischen Firma Ridgepoint in die Holding „Central Mining Group“ unter Ridgepoint-Chef Billy Rautenbach über. Der weiße Simbabwer mit guten Beziehungen zu Mugabe wurde damit zum faktischen Chef der Gécamines und soll sie mit massiven Investitionen wieder flottmachen.

Als Kabila, immer noch von Simbabwe unterstützt, sich im August 1998 von einer neuen Rebellion mit Unterstützung Ruandas und Uganda herausgefordert fand, wurde der einstige Kommandeur der von Nord-Korea ausgebildeten 5. Brigade in Simbabwe, Perence Shiri, zum Oberkommandierenden der Truppen aus Simbabwe, Angola und Namibia, die zusammen mit Kabilas Armee gegen die Rebellen kämpften. Unter Shiri und mit nordkoreanischer Hilfe wurde daraufhin auch im Kongo eine 5. Brigade mit besonders guter Ausrüstung aufgebaut. Sie wurde Anfang März 1999 feierlich Kabila vorgeführt und in die Armee integriert – bei einer Zeremonie in Likasi.

Nord-Korea steht Kabila schon lange ideologisch nahe. Zur Zeit des Krieges gegen Mobutu hatte Raphael Ghenda, der damals Kabilas Sprecher war und heute unter Kabila für die Bildung so genannter „Volksmachtkomitees“ nach nordkoreanischem Muster zuständig ist, die Schriften Kim Jong-Ils auf seinem Schreibtisch liegen. Botschafter Han Bong Tchong nannte die Beziehungen zwischen Kinshasa und Pjöngjang auch jetzt wieder „freundschaftlich und brüderlich“.

Da für eine Inbetriebnahme der Mine von Shinkolobwe nach Expertenschätzungen Milliardeninvestitionen nötig wären, ist allerdings denkbar, dass Kabila jetzt seine Freunde übers Ohr haut. Mit dem Versprechen eines Zugangs zur Quelle der Hiroshima-Bombe werde Nord-Korea verleitet, Kabila militärisch unter die Arme zu greifen. Dominic Johnson