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Schon träumen alle denselben Traum

Klaus Toppmöller lehnte ein lukratives Angebot aus der Türkei ab, um den 1. FC Saarbrücken zu trainieren und ihn aus den Niederungen der Regionalliga möglichst ganz nach oben zu führen    ■ Aus Saarbrücken Thomas Becker

Ein Glückspilz ist er wirklich nicht. Als er noch jung war, bekam es der Mittelstürmer Toppmöller einmal mit Willi Becker zu tun, Vorstopper aus Ludwigshafen. Der kündigte ihm an, sollte er noch mal aufs Tor köpfeln, würde er ein paar Zähne verlieren. Der nächste Eckball kam, und Becker hielt Wort: Das war's mit Toppmöllers Karriere als Trompeter. Fortan beschränkte er sich auf Fußball, schoss in der Bundesliga Tore für Kaiserslautern (108 in 204 Spielen), spielte dreimal in der Nationalmannschaft, später noch in Amerika und wurde Trainer. Ein erfolgreicher? Tja, schwer zu sagen.

Lange ist es noch nicht her, da spielte sein früheres Team, der VfL Bochum, im Uefa-Cup. Seit vier Wochen trainiert Klaus Toppmöller den 1. FC Saarbrücken, Regionalligist seit dem Lizenzentzug von 1995. Ein schwieriger Verein, das weiß Toppmöller auch. „Die denken immer, sie müssten Champions League spielen, vergessen aber, dass sie in der dritten Liga sind.“ Da ist er jetzt auch und bekommt es heute Abend zum Saisonauftakt mit Fortuna Düsseldorf zu tun.

Nach den Erfahrungen bei Eintracht Frankfurt, wo er vor fünf Jahren nach toller Hinrunde am Krawall um Uli Stein scheiterte und gemeinsam mit diesem rauskomplimentiert wurde, hatte man in Bochum einen anderen Toppmöller kennen gelernt: bescheiden, zurückhaltend, arbeitsam. Nach Ab- und Wiederaufstieg die „graue Maus“ VfL ins internationale Geschäft gehievt, mit magerem Etat und Spielern, von denen außer ihm und ein paar Oberliga-Kennern nie jemand gehört hatte. In letzter Sekunde abgestiegen, gute Angebote ausgeschlagen, um ins Saarland zu gehen, zu einer Fahrstuhlmannschaft, die in den vergangenen Jahren mehr neue Trainer als Sponsoren gesehen hat.

Warum macht er das, redet schon nach ein paar Tagen von einem Lebenswerk? „Heimatnähe“, lautet prompt die Antwort. Als 1980 sein USA-Gastspiel zu Ende war, wurde in seinem Heimatort Rivenich, einem schmucken Mosel-Dorf, ein Grundstück frei. „Da wusste ich: Da bau ich mein Zuhause.“ Auch während der fünf Jahre in Bochum fuhr er dreimal pro Woche zur Familie; 1982 saß er auf gepackten Koffern, um wieder in den Staaten zu spielen – und fuhr doch nicht. „Da macht's plötzlich klick und du weißt es.“ Wie jetzt mit Saarbrücken. Eigentlich war er sich mit dem türkischen Provinzverein Trabzonspor einig („die hätten sehr viel Geld bezahlt“), dann sagte er doch ab. „Ein Istanbuler Verein wäre o. k. gewesen; da ist man schnell mal zuhause. Aber bis Trabzonspor ...“

Nun fährt er eine Stunde zur Arbeit, ist jeden Abend daheim, Sohn Dino gehört auch zum Kader. Toppmöller genießt das. Die Leute hier reden wie er, man kennt sich seit Jahren. Nur mit Mühe kommt er um den selbst gebrannten Schnaps des Platzwarts herum. „Bist du mit'm Schiff gekommen, Klaus?“ Das neue Leben des Klaus Toppmöller – ein Idyll?

Ein trügerisches zumindest. Die Verpflichtung des Motivationskünstlers – die Alternative hieß übrigens Felix Magath – hat im Saarland eine Euphorie ausgelöst. 2.000 Dauerkarten wurden verkauft – so viel wie seit Jahren nicht mehr. Das Land dürstet nach hochklassigem Sport. Nach dem Debakel der Niederwürzbacher Handballer sind die einzigen Bundesligisten Turner, Ringer, Badmintonspieler und Fußballerinnen. Aber mit einem Mann wie Toppmöller ist der Aufstieg kein Problem – so heißt es an den Biertischen. Kaiserslautern und Schalke wurden in Testspielen besiegt und schon träumen alle denselben Traum wie der Coach: „In ein paar Jahren kaufe ich mir eine Karte, setze mich auf die Tribüne und unten spielt der FCS – in der Ersten Liga.“

Ein schwerer Weg. Einige Konkurrenten in der Regionalliga West-Südwest haben kräftig eingekauft; ehemalige Bundesligisten wie Wattenscheid, Uerdingen und Düsseldorf wollen schnell wieder nach oben. Der Etat ist mit 7,5 Millionen Mark auch nicht höher als im Vorjahr, die Klubführung um den Aufsichtsratsvorsitzenden und Ministerpräsidenten Reinhard Klimmt kalkuliert mit 3.000 Zuschauern.

Dafür sind die Erwartungen und das Vertrauen in Toppmöllers Fähigkeiten riesig. Athletik-Trainer Bernd Veldmann schwärmt von Toppmöllers Art, mit den Spielern zu arbeiten. „Da ist in kurzer Zeit eine richtige Gemeinschaft entstanden“ – Toppi, der Kumpel-Typ. Zwei Jahre hat Präsident und Geldgeber Hartmut Ostermann dem 47-jährigen Zeit zum Aufsteigen gegeben – ein Druck, mit dem er gut umgehen kann, wie er sagt. Und danach? Werden die Karten neu gemischt, wird man wissen, ob der Trumpf Toppmöller auch sticht. Außer zum Skatspielen in der Rivenicher Dorfkneipe hat es zu anderen Hobbys nicht gelangt: Mal war ein Abstiegskampf schuld, mal Willi Becker.

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