Walter Mompers Kampf um 170 Stimmen

■ Demo der Alcatel-Belegschaft auf dem Alex. SPD-Spitzenkandidat für den Erhalt des Kabelwerks

Für Walter Momper hat „jetzt die heiße Phase des Wahlkampfes“ begonnen. Heiß war es gestern auch auf dem Alexanderplatz. Erbarmungslos brannte die Sonne beim ersten Auftritt des SPD-Spitzenkandidaten nach seinem Urlaub in der Schweiz. Rund 170 protestierende Beschäftigte des Neuköllner Alcatel-Kabelwerkes hörten schwitzend zu, was ihr möglicher zukünftiger Landesvater zur beabsichtigten Schließung des Werkes zu sagen hatte. „Ich versichere euch meine uneingeschränkte Solidarität“, so Momper, der zuvor vom Berliner IG-Metall-Chef Arno Hager mit „Hallo, Walter“ begrüßt worden war.

Auch sonst sprach Momper den Beschäftigten aus der Seele, die mit ihrem gestrigen Aktionstag Druck auf die französische Konzernleitung ausüben wollten. Momper: „Die Entscheidung des Pariser Vorstands, den Berliner Standort zu schließen, ist wirtschaftlich falsch und politisch unklug.“ Alle Argumente, die normalerweise bei Werkschließungen vorgebracht werden, würden in diesem Fall nicht ziehen. In Neukölln stünden genügend Flächen zur Verfügung, das Werk sei ausgelastet und erwirtschafte Gewinne. Anfang Juni hatte der Konzern angekündigt, das Neuköllner Kabelwerk mit seinen rund 170 Beschäftigten zum Jahresende zu schließen.

„Ich werde dem Vorstand auf die Bude rücken“, so Momper. Und unter dem Beifall der Beschäftigten, die in einem Autokorso auf den Alex gekommen waren, drohte Momper dem Konzern mit einem möglichen Negativ-Image. „Wenn die hier ihre Handys und Batterien verkaufen wollen, dann müssen sie auch auf die Bedingungen in Berlin Rücksicht nehmen.“ Mompers positives Beispiel: Opel habe in Ostdeutschland nur deswegen so viele Autos verkauft, weil der Konzern sich so stark im thüringischen Eisenach engagiert habe.

Kabeljungwerker Aydin Bilge war nicht so leicht zu beruhigen, als sich Momper unter die Kollegen mischte. „Ich bin auf euch Politiker sauer, die uns zu wenig unterstützen.“ Mompers Antwort: „Deswegen bin ich ja hier.“ Der Standort bleibe, der sich „auf die Hinterbeine stellt“. Sollte er Regierender Bürgermeister werden, wolle er mehr Konzernvorstände in die Stadt holen, so Momper. Seien die einmal in der Stadt, könne die Politik die Manager auch leichter beeinflussen.

Bilge blieb bei seiner Meinung: „Es gibt keine Zukunft in Berlin.“ Kämpfen will Bilge zunächst trotzdem. Zur Not „machen wir einen Hungerstreik“. Auch die Besetzung des Werkes sei schon im Gespräch, so Hager. Richard Rother