Bezichtigung

Kaum war uns der kleine Kasten zur vollen (Seiten-) Höhe gediehen und reckte sich in stolzer Pracht zum Turm – da kam, wie es in diesen Grimmigen Märchen heißt, die böse kastrierende Mutter. Und die sagte: Nein, sooo geht das nicht. Das kann der Leser nicht verstehen. Und überhaupt soll so eine alte Tradition nicht einfach über den Haufen geworfen werden.

Aber wie es sich mit den Müttern gewöhnlich verhält – tun soll man es ja schon. Denn täte man es nicht, wie würde man jemals erwachsen? Also unbedingt kommentieren ist doch toll, aber nicht mit diesem pubertären Ungestüm. So ganz aus eignem (An-)Trieb und ohne jede Schutzmaßnahme.

Und weil wir tatsächlich Anfänger sind und noch lange keine versierten Liebhaber der Kulturkolumne, da fiel uns das kecke Teil auch gleich wieder in sich zusammen. Doch aufgeben wollen wir natürlich nicht. Ist doch zu schön, und genau besehen ist das kleine Kästchen, das sich so heftig auszudehnen vermag, für uns auch der einzige Platz, an dem wir uns während unserer sehr frühen Produktion noch aktuell zu Wort melden können.

Also haben wir Schutzmaßnahmen getroffen: Um zwischen dem Kästchen und dem hochschießenden Einspalter zu unterscheiden, gibt es künftig neben der Berichtigung die – Bezichtigung. Berichtigen tun wir uns selbst, bezichtigen selbstverständlich nur die anderen. Voilà! Ist er nicht hauchdünn, der Unterschied, und absolut gefühlsecht?

Die Berichtigungstreuen unter uns würden ja lieber ohne Schutz ... Ein Problem, das nicht nur uns, sondern, wie Sie wissen, die ganze Welt bewegt. Wegen möglicher Nebenwirkungen wenden wir uns daher vertrauensvoll an anwesende Ärzte und unsere Leserschaft und fragen einfach mal nach: Für wie gefährlich, unverständlich, traditionsbrecherisch und anmaßend halten Sie eigentlich unser Tun? Sie dürfen uns berichtigen, ach was, sogar bezichtigen. wbg