■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Fernseher gesucht
Also, ich find das ja gar nicht gut, was da momentan wieder bei der Justiz und der Polizei passiert. Ein einziger Skandal das, und die richtig Verantwortlichen die tragen dann hinterher immer nur die „Rahmenverantwortung“, wenn es darum geht, mal einen Schuldigen zu finden. So hat es der lange Henning jedenfalls mal gesagt. Nee, nicht schön, wirklich nicht.
Aber kommen wir mal weg von den großen Skandalen. Ist mir doch letztens beim Putzen im Abschiebeknast was aufgefallen, also das schlägt auch dem Fass den Boden aus. Auch wenn das Fass ein bisschen kleiner ist. Da hocken doch die armen Häftlinge aus Afrika oder von sonstwo aus der Welt und warten auf ihren fiesen Flieger und können im Moment fast nichts machen, um sich mal ein biss-chen abzulenken. Schlimm!
So richtig Sport machen – wie im richtigen Knast – geht nicht. Auch der Hofgang ist ziemlich begrenzt. Bücher gibt's nur selten aus der Bücherei. Und jetzt ist auch noch der Fernseher kaputt. Stellen Sie sich das mal vor – Sie müssen ständig Zuhause sitzen, dürfen nicht raus und haben kein Buch und kein Radio und dann gibt auch noch der Fernseher seinen Geist auf. Aber egal: Kann mal passieren, schließlich geht jede Glotze mal kaputt. Gemein ist nur, dass jetzt niemand die „Rahmenverantwortung“ trägt und den Fernseher reparieren lässt. Fünf Wochen lang geht das Ding nämlich schon nicht mehr.
Eigentlich ist das gute Stück ein Geschenk von der Ausländerbeauftragten von Bremen, der Dagmar Lill. Darum haben die Polizeiaufseher dann auch bei der angerufen und gefragt, ob der Fernseher noch Garantie hat. Ist ja schließlich erst zur Jahreswende angeschafft worden. Hat aber keine Garantie, denn die gute Frau Lill hat den Abschiebehäftlingen im allgemeinen Sparzwang einen Gebrauchtfernseher geschenkt. Wär ja gar nicht so schlimm, denn den Fernseher könnte man doch ganz einfach reparieren. Wird schon nicht so teuer werden. Wenn, ja wenn die gute Frau Lill nicht so kreuzbürokratisch wäre.
Sie hat nämlich am Telefon einfach nur gesagt, „da habe ich kein Budget für“. Hab ich selbst beim Putzen mitgehört. Aber wo hatte die Frau denn dann das Budget für den gebrauchten Fernseher her? Versteh ich nicht. Muss ich auch nicht. Ich finde aber, mit ein bisschen Engagement müssen sich doch für eine Extrabeauftragte, die doch nur für die Ausländer da ist, mal irgendwo 200 Mark für so eine blöde Reparatur auftreiben lassen. Wofür hat sie denn ihren Job? Um nicht vorhandene „Budgets“ zu verwalten?
Mir ist da jedenfalls schon ganz einfach beim ersten Putzen so eine Idee durch den Kopf gegangen, wie man den armen Teufeln hier im Abschiebeknast ein bisschen helfen könnte. Der Frau Lill ihr Büro ist doch angesiedelt bei der Sozialsenatorin Frau Adolf. Und das Sozialamt hat doch vielleich für arme Sozialhilfeempfänger irgendwo – so wie die Kleiderkammern – eine Elektrokammer oder so. Vielleicht mit einem alten Fernseher drin. Oder man setzt sich mal hin und denkt sich noch bessere Ideen aus. So wie letztens die Leute vom Jungen Theater. Denen fehlt für ihre schöne Arbeit ein Klavier. Was haben die gemacht? Schwupps, kleine Pressemitteilung aufgesetzt! Hat die taz auch gedruckt. Könnte man doch auch für einen Fernseher machen. Haben doch genug Leute so ein Ding auf dem Dachboden stehen. Geht aber nur mit ein bisschen „Verantwortung“ und Engagement, Frau Lill, findet
Ihre Rosi Roland.
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