Cassini über dem Pazifik

■ Plutoniumsonde ändert den Kurs, trifft aber weiterhin die Umlaufbahn der Erde

Berlin (taz) – Die Nasa hat zwar ihre Schätzung über die genaue Flugbahn der Plutoniumsonde Cassini geändert, doch die Rakete liegt weiterhin auf einem Kurs, der sie in einer Entfernung von etwa 1.100 Kilometern an der Erde vorbeiführen wird. Der Punkt, an dem Cassini der Erde am nähesten kommt, ist aber nicht mehr das Meer südlich von Westafrika, sondern der südöstliche Pazifik, meldet die internationale „NoFlyby“-Kampagne (www.nonviolence.org/noflyby). Die Daten liegen nach den letzten Korrekturen per Funk am 11. August nun laut Nasa präzise fest (www.jpl.nasa.gov/cassini unter „What's new“): Der Forschungsflug überquert demnach in der Nacht vom 17. zum 18. August das Firmament und wird als leuchtender Punkt von Eilanden wie der Pitcairn- und der Osterinsel aus zu sehen sein. Bei 23,5 Grad Breite und 231,5 Grad Länge wird der kürzeste Abstand zur Erdoberfläche 1.166 Kilometer betragen. Am Mittwoch, dem Tag der bisher letzten Nasa-Presseerklärung, war Cassini noch 9 Millionen Kilometer entfernt und flog mit einer Geschwindigkeit von 58.000 Kilometern pro Stunde relativ zur Erde. Seit dem Start am 15. Oktober 1997 hat Cassini 1,7 Milliarden Kilometer hinter sich gebracht.

Gegen die Mission von US-amerikanischer und europäischer Raumfahrtagentur, Nasa und ESA, gibt es internationale Proteste, weil als Stromquelle Plutoniumgeneratoren an Bord sind. Wenn die Sonde ihren Kurs nur leicht verlässt, wäre ein Eintauchen in die Erdatmosphäre denkbar. Die etwa 33 Kilogramm Plutonium würden dann eventuell mitsamt den Messgeräten verglühen und könnten sich mehr oder weniger fein in der Luft verteilen. Bei diesem größten anzunehmenden Unfall rechnen Mediziner mit tausenden Krebstoten – allerdings im Laufe vieler Jahre.

Besorgte Naturwissenschaftler werfen der Nasa vor, durch ihr praktisch bedenkenloses Festhalten an den Atombatterien Kernreaktoren und andere Atomanlagen im Weltall gesellschaftsfähig zu machen. Davon würden auch die US-Militärs profitieren, die in Strategiepapieren eine beispiellose Aufrüstung des Weltalls propagieren (taz vom 11. August). Bis zum Saturn wäre nach Ansicht von Wissenschaftlern eine Stromversorgung theoretisch auch mit Solarzellen möglich.

Die Erde ist derzeit aus Sicht von Cassini nur ein kleiner Punkt am Sternenhimmel. Der Blaue Planet wird jedoch schnell größer. Durch ihren engen Vorbeiflug an der Erde nutzt Cassini die Anziehungskraft der Erde, um sich weiter Richtung Jupiter und Saturn zu beschleunigen. Sie wird vier Jahre den Ringplaneten und seine Monde vermessen. Die Sonde Huygens, konzipiert von der Europäischen Raumfahrtagentur ESA, wird auf dem größten Mond Titan niedergehen. rem