Rock'n'Roll und Therapie

■ Die Vorschau: Hot Water Music aus Florida gastieren bei einer ihrer ungezählten Welttourneen am Sonntagabend im Schlachthof

Es gibt wohl derzeit keine Band, die so bittersüß die Saiten aneinander braten lässt wie Hot Water Music. Seit fast fünf Jahren tummeln sich die vier Musiker aus Gainesville in Florida an der Wasserscheide von intensivem Hardcore-Gebretter und tiefen, emotionalen Rocksongs. Seit Fugazi Ende der 80er Jahre mit dem sogenannten „Emocore“ abräumten, ist das eigentlich nichts Neues. Aber vor allem der geschickte Umgang mit zwei oft gegeneinander anspielenden Gitarren und das durchdachte Songwriting macht auch die nunmehr vierte Platte der Ostküstenpunks, „No Division“, immer noch hörenswert. Lars Reppesgaard sprach mit Sänger und Gitarrist Chuck Ragan von Hot Water Music über Alkohol, Bukowski und über den Zwang, bei der Sache zu bleiben.

taz: Ihr kommt, zumindest für eine Hardcore-Band, sehr empfindsam rüber. Wieso habt Ihr Euch dann nach einem Buchtitel vom völlig unkorrekten Charles Bukowski benannt?

Chuck Ragan:Um das klarzustellen: Wir sind nicht so eine Bukowski-Band, die dauernd säuft, rumhurt und das Geld beim Hunderennen verwettet. Bukowski scheint ja ein ziemlicher Idiot gewesen zu sein, wenn man sich anschaut, wie er die Menschen in seinen Büchern darstellt. Aber zu der Zeit, als wir über Bandnamen nachdachten, waren wir total verzweifelt und dachten, wir finden nie einen. Und dann trumpfte Chris (Wollard, der andere Gitarrist und Sänger, d. Red.) damit auf, der das Buch „Hot Water Music“ in seinem Regal stehen hatte.“

Das ist jetzt fünf Jahre her. Reich und berühmt seit Ihr in der Zeit nicht geworden. Wie lange soll das noch so weiter gehen?

Ich denke schon, dass wir vorangekommen sind. Als wir begonnen haben, spielten wir sechs, acht Monate am Stück vor sechs bis acht Leuten. Und das waren zum Teil auch noch Irre, die uns nachgereist sind. Und jetzt touren wir durch Europa, und es kommen doch weit mehr als acht Leute.

Klar: Wir werden nicht reich, aber die Band ist unser Lebensinhalt, nicht irgend ein Job. Wir sind jedes Jahr neun bis zehn Monate am Stück unterwegs, und dass das möglich ist, ist schon ein Privileg. Wir haben auch Ziele, wie jeder andere Mensch, aber etwas andere Ziele, Kurzzeitziele: Den Song fertig schreiben, zum nächsten Konzertort kommen, auftreten und sowas.

Und das wird ewig so weiter gehen?

Ich fürchte schon. Wir sind alle sehr nah beieinander, wir sind Freunde, eine Familie. Wir könnten nicht mal mit der Band aufhören, wenn wir es wollten, auch wenn die Jungs einem schon manchmal auf den Sack gehen.

Wieso das?

Hast du Geschwister? Wir sind füreinander wie Brüder. Und wenn du jemandem so nah bist, dann ist es natürlich auch ziemlich einfach, einander zu ärgern. Du kennst genau die Schwachstelle des anderen.

Kommen die Wörter „Ich“, „Wir“, „Unser“ deshalb in fast jedem Song vor? Gibt es nichts wichtigers als Euch?

(lachend) Doch, klar. Aber etwas, das von außen kommt, muss dich ja bewegen. Sonst würdest du keine Song darüber machen.

„Wir haben echt harte Zeiten durchlebt und ich hoffe, das Ärgste liegt hinter uns“ singt Ihr auf „Our Own Way“. Ist das auch autobiografisch?

Klar, das bezieht sich auf unser Zusammensein. Der Grund für den Stress liegt allerdings schon ein paar Jahre zurück, kurz nach der Bandgründung. Einige von uns haben damals wirklich viel getrunken. Das wurde irgendwann richtig teuflisch, weil es innerhalb unserer Gruppe für so viel Ärger gesorgt hat. Wir haben das aber gemeinsam wieder auf die Reihe gekriegt. Die, die an der Flasche hingen, haben sich zusammengerissen und die anderen haben sie nicht fallen gelassen.

Hot Water Music spielt am Sonntag um 20 Uhr im Kulturzentrum Schlachthof