Schluss mit lustig

■  Ausgerechnet der Medienkanzler versteht bei einer RTL-Comedy keinen Spaß mehr

„Wie war ich, Doris?“ heißt eine Comedy, die RTL gerade dreht. Und schon der Titel der Sendung hat dem Bundeskanzler gar nicht gefallen. Gerhard Schröder war „milde gesagt, verärgert“, berichtete Regierungssprecher Uwe-Carsten Heye.

Noch von seinem italienischen Urlaubsort sagte der Kanzler das große Sommerinterview ab, das für kommenden Dienstag mit dem Kölner Privatsender geplant war. Stattdessen informierte Sprecher Heye RTL-Chefredakteur Hans Mahr am Mittwochmorgen lakonisch am Telefon, der Kanzler stehe als Interviewpartner erst wieder zur Verfügung, wenn der Sender „seriös über Politik berichtet“.

Die Qualität des Programms des größten privaten Senders in Deutschland kann Gerhard Schröder in der Tat kompetent beurteilen. Im Bundestagswahlkampf glänzte er in einer Gastrolle in der RTL-Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“. Klagen über die „Seriösität“ wurden damals nicht bekannt. Im Gegenteil: Schröder und der Kölner Sender bauten die Zusammenarbeit aus. Im Juli des vergangenen Jahres, mitten im Wahlkampf, stellte Doris Schröder-Köpf für die Sendung „RTL-Live“ die Sehenswürdigkeiten Niedersachsens vor. Überraschungsgast am Kai eines Fischerdorfes: Gerhard Schröder. RTL-Boss Mahr war denn auch bass erstaunt über Schröders Ärger. „Bisher hat Gerhard Schröder, vorsichtig gesagt, ganz gut mit den Medien gekonnt“, kommentierte RTL-Boss Mahr, der gestern die Düsseldorfer Telemesse besuchte.

RTL trennt tatsächlich Politik und Comedy ...

„Bei der Reaktion des Kanzlers verwischen Satire und Realsatire“, meint Mahr. Die Sparten Politik und Comedy seien bei RTL scharf getrennt. Es müsse erlaubt bleiben, sich mit dem Kanzler „und auch mit seiner Umgebung“ satirisch zu beschäftigen.

Hier setzte „Wie war ich, Doris?“ keinesfalls neue Maßstäbe. In der englischen Kultsendung „Spitting Image“ wurde Denis Thatcher, der Gatte der eisernen Lady, ständig als Trunkenbold dargestellt. Auch im deutschen Pendant „Hurra Deutschland“ gehörte eine der Kanzlergattin Hannelore Kohl nachempfundene Gummipuppe zum festen Ensemble.

... und Schröder teilt das Humorverständnis Kohls?

Vor ähnlich grobem Unfug will Gerhard Schröder seine Frau offenbar bewahren. Schröders Sensibilität an diesem Punkt erinnert an seinen Vorgänger. Helmut Kohl erduldete jahrzehntelang stoisch jede Satire. Als die Zeitschrift Penthouse 1997 aber seine Ehefrau Hannelore als Pin-up-Girl karikierte, ging Kohl wegen „Verletzung des Persönlichkeitsrechts“ juristisch gegen das Männermagazin vor.

RTL würde des Kanzlers Privatleben und seine Ehefrau in die politische Auseinandersetzung hineinziehen, damit sei „eine Grenze überschritten“, erklärte Sprecher Heye. Chefredakteur Mahr: „Es wird um Regierungspolitik gehen, nicht um Schröders Familie.“ Gemeinsam mit RTL-Geschäftsführer Gerhard Zeiler hat Mahr einen Brief an den sauren Kanzler geschrieben. Die Absage eines politischen Interviews wegen einer Satiresendung dokumentiere eine „neue Art des Verständnisses von Politik und künstlerischer Freiheit, von dem wir nicht glauben, dass es die Ihre ist.“

Langfristige Verstimmungen zwischen seinem Sender und dem Bundeskanzler fürchtet Mahr nicht und bleibt gelassen. „Ich kenne Schröder eigentlich ganz gut. Er hat sich geärgert, und jetzt muss man ihm seinen Ärger erst einmal lassen.“ Auch im Bundespresseamt glaubt man nicht an einen langen „Boykott“ RTLs. Die Absage des Sommerinterviews dürfe man nicht „als Sanktion missverstehen“. Schröder nehme für sich lediglich die selbstverständliche Freiheit in Anspruch „Interviews zu geben oder auch nicht“.

Wie immer man „Wie war ich, Doris?“ findet, ganz aus der Luft gegriffen ist zumindest der Sendungstitel, der Schröder so in Rage brachte, nicht. Dem Spiegel erzählte die Kanzlergattin unlängst, nach Terminen rufe Gerhard Schröder sie an, „und ich sag' ihm, wie es war“. Robin Alexander