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Geld scheffeln mit gutem Gewissen

Auch mit Ökoaktien lassen sich mittlerweile atemberaubende Gewinne erzielen. Doch einen langen Atem sollten die Anleger schon haben: Wer in „grüne“ Fonds investiert, der sollte mindestens 5 Jahre auf sein Geld verzichten können  ■   Von Kim Kindermann

Welche atemberaubenden Gewinne und Chancen Ökoaktien bieten können, zeigt der kometenhafte Anstieg der Tomra-Aktie: Innerhalb von 5 Jahren ist der Wert der Aktien um 200 Prozent gestiegen und hat damit bewiesen, dass die Investition in Ökoaktien nicht länger eine Domäne für Turnschuh tragende Freaks ist.

Das norwegische Unternehmen Tomra ist Hersteller von Maschinen für die Rücknahme von Getränkeflaschen. Und Tomra ist keine Ausnahme. Auch andere Ökoaktien weisen gute Renditen auf. So etwa die amerikanische Bio-Supermarktkette „Whole Food Markt“, deren Kurs sich im letzten Jahr schon versechsfacht hat.

Dem Deal mit dem grünen Geld gehört die Zukunft, das glauben auch die Profis von der Berliner Umweltsecur: „Unternehmen, die die Natur schonen und neue ökologische Produktionsverfahren einsetzen, werden zukünftig immer größere Bedeutung gewinnen“, so lautet das Credo der Berliner Vermittlermakler für ökologisch orientierte Finanzdienstleistungen.

Ein Blick über den großen Teich gibt ihnen Recht. In den USA gehören Ökofonds längst zum Alltagsgeschäft der Börsianer, und auch in Deutschland kennt man den Slogan von der „Rendite mit gutem Gewissen“ spätestens seit Anfang der 90er Jahre, als die ersten Ökofonds auf den Markt kamen. Heute sind es an die 15 verschiedene Ökofonds, die hierzulande um Kunden werben, die nicht nur an Gewinnen interessiert sind, sondern auch wissen wollen, in welche Unternehmen ihr Geld fließt.

Ihnen allen gemeinsam ist, dass sie das Geld der Anleger einsammeln und dafür Aktien von Unternehmen kaufen, die auf dem Umweltsektor tätig sind. Aber da hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf und die Unterschiede fangen an. Etwa bei der Auswahl der Kriterien, die darüber entscheiden welche Aktie in den Fonds aufgenommen wird und welche nicht.

So gilt der Ökovision, der Umweltfonds der Ökobank, als der strengste seiner Art. Bei ihm stehen alle Unternehmen, die mit Atomkraft, Rüstung, Tierversuchen, umweltschädlichen Technologien und der Diskriminierung von Menschen zu tun haben, auf der roten Liste. Selbst wenn ein Unternehmen nur eines dieser Kriterien erfüllt, hat es keine Chance, in den Ökovision aufgenommen zu werden. Und nicht nur das: Auch Unternehmen, die ein anderes beliefert, auf das die oben genannten Kriterien zutreffen, können selbst auch nicht mehr in den Umweltfonds der Ökobank aufgenommen werden.

Andere Ökofonds sind weniger streng. Der Hypo Eco Tech Umweltfonds zum Beispiel umfasst Aktien von Unternehmen, die umweltfreundliche Produkte und Technologien herstellen. Einzige Auschlusskriterien: Tierversuche außerhalb medizinischer Forschung sowie bestehende Umsatzanteile an Tabak, Alkohol und Spielcasinos in Höhe von 30 Prozent. In den Focus GT Umwelttechnologie-Ökofonds werden alle Unternehmen aufgenommen, die Produkte oder Dienstleistungen im Bereich der Umwelttechnologie entwickeln, herstellen oder vertreiben. Kurz: Hier stehen die umwelttechnologischen Verbesserungen allein im Vordergrund. Ist der Focus damit überhaupt noch ein Ökofonds oder eher ein Technologiefonds? „Das ist reine Definitionssache“, sagt der Hilchenbacher Vermittler Michael Schäfftlein von der Umweltfinanz. Für den Anleger bedeutet das, immer wieder neu abzuwägen, mit welchen Kriterien man leben kann und mit welchen nicht. „Und das ist auch gut so“, meint Jörg Blunk von der Umweltsecur, „ein für die Branche allgemeingültiges Schema, wann ein Fonds öko ist, gibt es nicht.“ Wer also sein Geld mit gutem Gewissen anlegen will, der muss sich auch gut informieren. Anders geht es eben nicht. Und wer den Mehraufwand nicht scheut, den erwarten schließlich auch lohnende Gewinne.

Allein im ersten Halbjahr diesen Jahres weisen die meisten eine Rendite zwischen 12 bis hin zu 26 Prozent auf. Spitzenreiter ist dabei unter anderem der KD Fonds Öko-Invest mit einem Plus von 26,9 Prozent sowie der BFG Luxinvest ÖkoLux mit über 20 Prozent Rendite. Letzterer zählt sowieso schon seit längerem zu den Gewinnern der Branche: In den letzten fünf Jahren hat er seinen Anlegern eine Rendite von über 50 Prozent beschert. Und damit nicht genug: Muss man als Anleger bei allen anderen Ökofonds eine Mindestanlage von 10.000 Mark zahlen, reichen beim BFG Luxinvest Ökolux die jährlich 936 Mark vermögenswirksame Leistung, um Anteile zu erstehen. Sollte dieses Beispiel Schule machen, dann könnten bald auch Leute mit niedrigen Einkommen ins Geschäft mit den Ökofonds einsteigen. Und das könnte sich schließlich auch für diese selbst bezahlt machen: Denn die Ökofonds brauchen im Vergleich zu den konventionellen Aktienfonds mehr Volumen, da sie auch einen höheren Aufwand verursachen. Schließlich müssen die Ökofondsbetreiben die Umweltdaten der Firmen erheben lassen oder solche Auskünfte teuer einkaufen. Eine breitere Schicht von Anlegern könnte folglich nicht schaden. Schließlich gelten Ökofonds bis heute, trotz zweistelliger Renditen, als Nischenprodukt. Ihr Anteil am gesamten Fondsvermögen ist verschwindend gering.

Trotz allem, Anleger sollten auch bei der Investition in einen Ökofonds mit Verlusten rechnen. Wie bei anderen Aktienfonds können schwache Börsenjahre auch hier zu Schwankungen führen. Zu dem besteht für Ökofonds eine weitere Gefahr in ihren zahlreichen Anlage-Einschränkungen, da ihre Auswahl an geeigneten Aktien dadurch geringer ist. „Wer in Ökofonds investiert, der muss mindestens 5 Jahre auf sein Geld verzichten können“, betont auch Holger Weber, Vermögensberater bei der Berliner Ökobank, „dann ist das Risiko geringer.“

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