■ Frankreichs Grüne sind gut beraten, in der Regierung zu bleiben
: Sommertheater in Paris

Die französischen Grünen bekämpfen den sozialistischen Premier Lionel Jospin als Atompolitiker. Mit harten Worten beschimpfen sie die beiden anderen kleinen Koalitionspartner – erst die sozialistennahe „Bürgerbewegung“, jetzt die Kommunisten. Sie verlangen lautstark, aber vergeblich zusätzliche Ministerämter. Und drohen jetzt auch noch mit ihrem Austritt aus der Regierung. Steht die rot-rosa-grüne Koalition, die seit zwei Jahren ohne größere interne Probleme arbeitet, vor dem Aus?

Jospin hat 1997 eine Equipe geschmiedet, die seinem ursprünglichen Vorhaben einer ganz großen Partei der Linken unter dem Dach der PS verblüffend ähnlich ist. Er holte Kräfte von kommunistisch über sozialistisch bis hin zur ökologischen Mitte in seine Koalition. Damit bekam er eine breite Legitimation von der Basis und verschaffte sich freie Hand für eine ansonsten nicht realisierbare Politik.

Dank seiner geschickten Bündnispolitik konnte Jospin bislang mehr privatisieren und problemloser bei Staatsausgaben sparen als seine konservativen Vorgänger. Ihm drohten keine Generalstreiks und Massendemonstrationen. Selbst bei der Atompolitik hatte er relativ freie Hand. Nach einigen anfänglichen Zugeständnissen – vor allem dem Ausstieg aus dem schnellen Brüter – rührte sich die grüne Basis nur noch wenig. Nicht einmal bei den Atomtransporten nach Japan protestierte sie mehr.

Doch der jospinistische Proporz – viele kleine Partner neben einer großen PS, die die Richtung bestimmt – droht nun ins Wanken zu geraten. Dazu tragen neben dem relativ guten Abschneiden der Grünen bei den Europawahlen (9,6 Prozent) auch die in zwei Jahren anstehenden Kommunalwahlen bei, auf die sich die einzelnen Kräfte der Linken jetzt schon vorbereiten. Die französischen Grünen, die 1997 dank einer Absprache mit der PS erstmals in die Nationalversammlung einziehen konnten, haben nicht vergessen, dass sie mit rund 8.000 Mitgliedern weiterhin eine Kleinpartei sind. Zudem sind sie in Gewerkschaften und sozialen Bewegungen nur schwach vertreten. Ihre eigene Ministerin musste jüngst die Einrichtung eines unterirdischen Forschungslabors für ein atomares Endlager unterzeichnen. Und außerdem ist klar, dass Jospin auch ohne die Partei der Grünen über die nötige parlamentarische Mehrheit verfügt, um weiter zu regieren.

Alles zusammengenommen, relativiert das den grünen Ausstiegselan aus der rot-rosa-grünen Regierung stark. Dorothea Hahn