„Wir fürchten keine Probleme“

Wer Ruandas und Ugandas Armeen kennt, wundert sich nicht, warum die beiden plötzlich im Kongo aufeinander losgegangen sind. Eine Innenanalyse    ■ Aus Kampala Levi Ochieng

Die Schlacht zwischen Ruanda und Uganda um die Kontrolle des kongolesischen Kisangani letzte Woche war keine Überraschung. Ihre Kommandanten im Kongo verachten sich gegenseitig inbrünstig. Ihre beiden Armeen hegen füreinander eine Art Hassliebe. Sie geben vor, für eine gemeinsame Sache zu kämpfen, verhalten sich aber völlig unterschiedlich. Die Ruander sind emotional, die Ugander zurückhaltend.

Ruandas Armee besteht größtenteils aus jungen Tutsi-Soldaten, die ihre Familien im ruandischen Völkermord verloren haben. Sie kennen ihren Hintergrund nicht. Sie kennen ihre Verwandten nicht. Sie kennen nur die ihnen eingetrichterte Notwendigkeit, ums Überleben zu kämpfen.

Die Tutsi, die Ruandas Armee beherrschen, empfinden sich nach dem Völkermord als gefährdete Spezies. Sie daran zu hindern, zu tun, was sie für richtig halten, ist in ihren Augen ein Versuch, sie in ihrer Existenz zu bedrohen.

Wenn man mit Ruandas Offizieren diskutiert, sagten sie: Uganda hat die besseren Waffen, Ruanda die bessere Motivation. Ruanda denkt, es habe im Kongo eine Mission zu erfüllen: die vom Völkermord übrig gebliebene, im Kongo kämpfende Hutu-Miliz „Interahamwe“ zu jagen und auszurotten.

Wenn man mit ruandischen Soldaten spricht, klingen sie ganz unschuldig. Sie träumen von einer besseren Ausbildung, vielleicht im britischen Sandhurst, um noch professionellere Militärs zu werden. Sie reden nicht von Frau, Kindern oder Eltern.

Ugandas Soldaten hingegen haben einen Hintergrund. Sie haben Familien und Verwandte. Manche von ihnen sehen daher den Krieg als Möglichkeit, ein bisschen Reichtum zu ergattern, solange die Chance besteht. Sie sorgen sich um Frau und Kinder und wollen nicht im Kongo sterben.

Das ist auch der Hintergrund für Bemerkungen wie die von Ugandas Generalstabschef James Kazini vor kurzem: „Ich sehe keinen Grund, warum wir für die Kongolesen sterben müssen. Wir sind hier als Friedensstifter.“

Dass Kazini die Ruander auch noch als kolonialistisch und arrogant bezeichnete, konnte nur zum Konflikt führen. Ruandas Armee wollte nicht hinnehmen, dass Ugandas Armee sich in Kisangani als politische Macht aufführt und sich frei bewegt.

Ruanda will aus dem Schatten Ugandas treten

Ruanda hat nach eigenen Angaben 20.000 Soldaten im Kongo engagiert. Uganda hat viel weniger – vor dem jüngsten Konflikt waren es nur noch 2.000. Burundi hat 1.000. Beobachter sagen, Ruandas starker Mann und Vizepräsident Paul Kagame habe seine Soldaten im Kongo fest im Griff. Ugandas Präsident Yoweri Museveni hingegen soll seine Armee weniger unter Kontrolle haben. Deshalb musste er seinen gesamten Generalstab in den Kongo schicken, während Ruanda mit dem jungen Oberstleutnant Patrick Nyanvumba auskam. Als Ergebnis wurden aber die Kommandostrukturen der kongolesischen Rebellen von Uganda dominiert.

Von außen gesehen sind Ruandas Tutsi, deren ehemalige Guerillabewegung RPF (Ruandische Patriotische Front) 1994 das vorherige Völkermordregime in Ruanda besiegte und zur ruandischen Armee mutierte, mit Uganda eng verbunden. Viele lebten lange als Flüchtlinge dort und erlebten Ugandas Probleme. Uganda half der RPF beim Sieg.

Aber es ist falsch zu glauben, dass die Ruander sich Uganda verpflichtet fühlen. Im Gegenteil: Es irritiert sie, als kleine Jungen im Schatten der erfahrenen ugandischen Veteranen gesehen zu werden. Sie wollen beweisen, dass sie auf eigenen Füßen stehen.

„Wir fürchten keine Probleme“, sagte Paul Kagame vor fünf Jahren nach dem Sieg der RPF in Ruanda. Als ich ihn vor kurzem über Ruandas Krieg im Kongo befragte, lachte er gut gelaunt – das macht er nicht oft – und sagte: „Wir waren immer für jede Eventualität vorbereitet. Unsere Leute fahren keine Panzer und haben keine Flugzeuge. Sie gehen zu Fuß. Sie essen sehr wenig. Wir können jahrelang weitermachen.“

Der Autor ist Reporter der kenianischen Wochenzeitung East African und berichtete unter anderem für die taz aus dem Kongo.