Bouteflika entlässt Gouverneure

■ Algeriens Präsident hat der Korruption den Kampf angesagt

Berlin (taz) – Algeriens Präsident räumt auf. Gestern berichtete der staatliche algerische Rundfunk unter Berufung auf ein präsidiales Dekret, Abdelasis Bouteflika werde 20 der insgesamt 47 Provinzgouverneure („Walis“) des nordafrikanischen Landes entlassen, 16 von ihnen würden auf Lebenszeit aus dem öffentlichen Leben entfernt. Begründung: Korruption und Misswirtschaft. Laut dem Rundfunkbericht könnten einige der Entlassenen demnächst vor Gericht stehen.

Unter den noch am gleichen Tag bestimmten Nachfolgern der Entlassenen ist erstmals in der Geschichte Algeriens eine Frau: Sahraouni Jamina, bisher Generalsekretärin des Gouvernements Oran, soll künftig der Region Tipasa, 70 Kilometer westlich der Hauptstadt Algier, vorstehen. Der Arbeitsauftrag der Neulinge wird in dem Dekret klar formuliert: „Einführung der Kriterien des Engagements, der Kompetenz und der Integrität“. Traditionell nutzen Walis bisher ihre Macht, um ihre Taschen zu füllen – ein Erbe der Einparteienherrschaft der Nationalen Befreiungsfront (FLN).

Mit der Aufräumaktion löst Bouteflika ein Wahlkampfversprechen ein. Er wolle „das Vertrauen zwischen Regierten und Regenten wieder herstellen“, hatte der ehemalige FLN-Kader versprochen – und war tatsächlich am 15. April gewählt worden. Doch der Sieg hatte einen Schönheitsfehler: Kurz vor der Abstimmung zogen alle Oppositionskandidaten ihre Kandidatur zurück. Sie witterten Wahlbetrug. So erinnerte Bouteflikas Sieg an Zeiten des real existierenden Sozialismus.

Seither versucht der Präsident, den Ruch des Autokraten loszuwerden. Er veranlasste eine beschränkte Amnestie für Aktivisten der verbotenen Islamischen Heilsfront (FIS). Mitte Juli kündigte er sogar die Wiederzulassung der islamistischen Partei an, deren Verbot 1992 das Land in den Bürgerkrieg führte. Um dies gegen seine Gegner in der Staatsführung durchzusetzen, will der Präsident die „Nationale Aussöhnung“ am 16. September in einem Referendum bestätigen lassen. Dafür braucht er das Vertrauen der Bevölkerung und das erreicht er, indem er gegen Missstände innerhalb des Machtapparates genauso unnachgiebig vorgeht wie ausserhalb. Vor seinen Abflug zu einem Vortrag im italienischen Rimini ließ er gestern durchblicken, es könnten noch weitere drakonische Maßnahmen in der Verwaltung des Landes folgen. Thomas Dreger