piwik no script img

Slapstick und Schweinebraten

■ Überzeichnete Spielzeiteröffnung mit Molières Komödie „Der Geizige“ und Jörg Pleva am Ernst Deutsch Theater

Dicke Luft erwartete den Zuschauer zur Saisoneröffnung im Ernst Deutsch Theater – bedingt durch extremen Sauerstoffmangel und eine drückende Wärme. Die Stimmung hingegen war dufte. Ein äußerst amüsierwilliges Publikum füllte die Reihen, um Jörg Pleva als Molières Widerling Harpagnon in „Der Geizige“ – Dagobert Ducks französischer Urahne –, zu sehen. Ein Charakter, derart überzeichnet, dass er keinerlei Tragik in der Komödie zuließ.

Slapstickartig tyrannisiert dieser Mensch seine Angestellten und Kinder in einer Stubenkulisse aus bemalten Stellwänden. Dabei gibt Molière-Fan Pleva, der zudem die Regie führt, eine richtig schräge Figur: einen vom Geiz verzehrten, dürren Alten, der seine Seele und seinen Verstand mit seinen Reichtümern begraben hat.

Wie anders geartet sind da seine Kinder. Nicht ums Geld, sondern um die Liebe zu ehrenwerten, aber armen Menschen geht es Tochter und Sohn. Dass jene sich schließlich als Sprößlinge einer reichen und noblen Familie entpuppen, war natürlich nicht vorherzusehen. So werden wahre Gefühle und Tugenden à la Molière vom Leben belohnt. Kuriert wird der Geizige trotz seiner Fehlschläge nicht, denn unter seiner Außenseiterposition hat er nie gelitten. Hauptsache, er kann zum Schluß wieder in Gold baden.

Viele, viele bunte Kostüme, eine Heiratskupplerin, ein depperter Polizist, der Koch, der gleichzeitig der Kutscher ist, und noch einiges an Personal machen den Komödienreigen komplett. Familiär feiert auch das Publikum die DarstellerInnen, bevor es zu Speck, Schweinebraten und Kartoffelsalat aufbricht – das ist halt die übliche Premierenkost.

Stefanie Heim

bis 2. Oktober, Mo – Sa 19.30, So 19 Uhr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen