SPD erneut kurz vor Panne

■ Ein Spendenaufruf für ein Kindertheater sollte als Parteispende deklariert werden

SPD-Spitzenkandidat Walter Momper ist nur knapp an einer Parteispendenaffäre vorbeigeschrammt. Der Spendenaufruf zugunsten des Jugendmusiktheaters Atze, den Momper Ende Juli an SPD-Mitglieder geschickt hatte, enthielt eine unzulässige Verquickung mit Parteispenden.

Momper stellte gestern gemeinsam mit dem Leiter des GRIPS-Theaters, Volker Ludwig, eine Initiative zur Rettung des Jugendmusiktheaters Atze vor. Die freie Theatergruppe musste im Mai diesen Jahres den Spielbetrieb einstellen, weil die Kulturverwaltung die Förderung gestrichen hatte. Der Spendenaufruf und eine Benefiz-Aufführung des GRIPS-Theaters am 5. September sollen 20.000 bis 30.000 Mark einspielen und Atze die Finanzierung der neuen Premiere ermöglichen.

In dem von Momper unterzeichneten Spendenaufruf heißt es recht offenherzig: „Der Erlös der Solidaritätsaktion geht an einen Fonds, für den aus steuerlichen Gründen ein SPD-Konto verwendet wird.“ Die Spende sei steuerlich abzugsfähig, entsprechende Spendenquittungen würden ausgestellt. Als zusätzlicher Anreiz für eine Spende wird den Genossen in Aussicht gestellt, dass der Betrag vom Staat zur Hälfte rückerstattet wird, weil dies als Parteispende gelte. „Im Rahmen Eurer Steuererklärung werden daher 50 Prozent der Spende erstattet (Parteienspende). Das heißt, eine Karte kostet Euch eigentlich nur 40 Mark.“

Diese Praxis ist allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes nicht zulässig. Für rechtlich problematisch hält dies auch der Staatsrechtler Prof. Hans-Peter Schneider, der der Kommission der Bundestagspräsidentin zur Reform der Parteienfinanzierung angehörte. „Das Problematische ist der Verwendungszweck“, sagte Schneider der taz. „Die Förderung eines Jugendtheaters gehört nicht zu den Parteiaufgaben, wie sie im Parteiengesetz aufgezählt sind.“

Die drohende zweckfremde Verwendung von Parteispenden fiel aber auch in der SPD auf. Wie ein SPD-Mitarbeiter erklärte, werden die Spenden für Atze jetzt nicht wie geplant auf ein Parteikonto eingezahlt, sondern auf ein Sonderkonto, das Momper-Berater Dr. Rudolf Steinke eröffnet hat. Steinke übernahm gestern auch die Verantwortung für „das Versehen“. „Das war mein ganz persönlicher Fehler“, sagte er der taz.

Die Spenden für Atze werden nun vom Sonderkonto über den Umweg der Landeskasse an die Senatsverwaltung für Kultur überwiesen. Das von der SPD gesammelte Geld wird dann ausgerechnet der Mann überreichen, der dem Projekt die Förderung gestrichen hatte: CDU-Kultursenator Peter Radunski. Dorothee Winden