Greenpeace für Kooperation mit China

■ Erstmals legt die Umweltorganisation einen Bericht in Peking vor. Man setzt auf Dialog, hat aber vergessen, Chinesen einzuladen

Peking (taz) – Die Warnung war nicht neu, der Ort ihrer Kundgabe sehr wohl. Zum ersten Mal lud die Umweltorganisation Greenpeace gestern zu einer Pressekonferenz in die chinesische Hauptstadt Peking. Unbescheiden wie gewohnt, erklärten die Umweltschützer die Zukunft der Welt schlechthin für gefährdet, wenn sich die Umweltlage in China nicht bessere. Doch nicht die aufrüttelnd gemeinte Botschaft war überraschend, sondern die einfache Tatsache, dass die dem Pekinger Regime bislang durchweg feindlich gesinnte Aktionsgruppe ungestört ihre Meinung vor Journalisten in einem feinen Hotel der chinesischen Hauptstadt präsentieren durfte.

„Wir sind auf keinerlei Behinderungen gestoßen“, sagte Luisa Tam. Da befand sich die Greenpeace-Sprecherin bereits wieder am Pekinger Flughafen auf dem Rückweg in ihr Hongkonger Büro.

Erst vor zwei Jahren hatte Greenpeace eine China-Niederlassung in der ehemaligen britischen Kronkolonie gegründet. Das war zwei Jahre nach dem spektakulären Protest gegen Atomversuche, den einige Greenpeace-Vorständler 1995 auf dem Tiananmenplatz in Peking inszenierten. Inzwischen hat die Gruppe ihre Strategie geändert. Statt auf aufmerksamkeitsheischende Aktionen, die das Lob westlicher Medien ernten, aber kein chinesisches Publikum erreichen, setzt man nun auf einen „Dialog“ mit der Pekinger Regierung. Der soll Greenpeace langfristig in China bekannt machen.

„In unterschiedlichen Ländern haben wir unterschiedliche Handlungsweisen. In China ist allein die Idee eines unabhängigen Berichts einer nicht regierungsabhängigen Organisation ungewöhnlich“, rechtfertige Ho Wai Chi, der Leiter der Hongkonger Greenpeace-Büros, das Vorgehen seiner Organisation.

Zwar wurde der Bericht gestern nur vor westlichen Journalisten in Peking bekannt gegeben. Chinesische Journalisten waren ohne Begründung der Organisatoren nicht geladen. Doch soll das von Greenpeace zusammengestellte Material über die ökologischen Ursachen von Überschwemmungen, saurem Regen sowie Wasser- und Luftverschmutzung in China nun an Pekinger Behörden herangetragen werden, um als Grundlage für den angestrebten Dialog zu dienen. Tatsächlich liegen dem Greenpeace-Bericht vor allem die Zahlen und Statistiken der chinesischen Regierung zugrunde.

Ganz aussichtlos ist das Verfahren nicht: Erst vor einem Jahr erhielt die chinesische Umweltbehörde SEPA den Rang eines Ministriums und neue, weitreichende Kompetenzen. Umweltminister Xie Zhenhua spricht sich für die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen aus. Er befürwortet sogar die Eröffnung eines Greenpeacebüros in Peking, solange die Umweltorganisation keine chinesischen Gesetze breche. Georg Blume