Milliardenbetrug: Jelzins Clan droht der Kochwaschgang

■  Familie und Freunde des russischen Präsidenten sollen 15 Milliarden Dollar gewaschen haben. Untersuchungen in Washington, London und Moskau

Washington/Moskau (taz/dpa) – Berichte über kriminelle Machenschaften der „Familie“ des russischen Präsidenten Boris Jelzin sowie weiterer hochrangiger russischer Politiker und Bankiers rufen jetzt die Ermittler in Russland und den USA auf den Plan. Gestern ordnete der amtierende Chefankläger Wladimir Ustinow an, dass auch in Russland dem Verdacht der Veruntreuung von Milliardenbeträgen durch Geldwäsche nachgegangen werde. Ustinow sagte gestern in Moskau, je nach Ergebnis der Untersuchung werde auch seine Behörde tätig werden und notfalls eine formelles Ermittlungsverfahren einleiten.

Die US-Zeitung USA Today hatte berichtet, dass bis zu zwölf ehemalige oder heutige Regierungsmitglieder im Verdacht stünden, Geldwäsche in Höhe von 15 Milliarden Dollar über New Yorker Banken betrieben zu haben. Dabei berief sich das Blatt auf Informationen aus britischen und amerikanischen Geheimdiensten sowie der russischen Staatsanwaltschaft.

Aufgrund der Berichte untersuchen sowohl amerikanische und britische Stellen als auch der Internationale Währungsfonds (IWF), ob Gelder aus Russland über Sonderkonten abgezweigt wurden. Ein Sprecher des Präsidialamtes in Moskau hatte am Donnerstag erklärt, Präsident Boris Jelzin und andere hohe Politiker hätten keine Konten im Ausland.

Im US-Kongress meldete sich unterdessen der republikanische Fraktionsvorsitzende Dick Armey und forderte, keine weiteren Mittel für den IWF freizugeben, bevor nicht geklärt sei, was aus bisher ausgezahlten Krediten geworden sei. „Der Weltwährungsfonds muss von Veruntreuung gewusst haben“, sagt dazu Allan Meltzer, Wirtschaftswissenschaftler der Carnegie Mellon University, Vorsitzender einer Kommission, die im Auftrag des Kongresses das Finanzgebaren von IWF und Weltbank untersucht.

Unter anderem wird eine mögliche Verwicklung der Tochter des russischen Präsidenten Boris Jelzin, Tatjana Djatschenko, in den Geldwäscheskandal in der Bank of New York untersucht. Jelzin, Djatschenko und der zweiten Jelzin-Tochter, Jelena Okulowa, wird vorgeworfen, Schmiergelder von der Schweizer Baufirma Mabetex erhalten zu haben. So soll Tatjana Djatschenko an nur einem Tag mit einer firmeneigenen Kreditkarte von Mabetex während eines Ungarn-Urlaubes 13.000 Dollar abgehoben haben. Außerdem wird nach Angaben von USA Today in der Waschäffäre auch gegen die früheren Vizeministerpräsidenten Anatoli Tschubais, Wladimir Potanin, Alexander Liwschiz und Oleg Soskowez ermittelt.

Der IWF versicherte gestern, er verfüge über eigene Mechanismen, um die Verwendung von Geldern zu überwachen. Das Weiße Haus verwies alle Fragen nach dem Skandal an das Justizministerium. „In einer Weltwirtschaft, in der täglich zwei Billionen Dollar international hin und her geschoben werden, ist Geldwäsche nur schwer zu überwachen“, hatte das State Department schon Anfang des Jahres in einer Studie über internationale Geldwäsche festgestellt. Potentielle republikanische Präsidentschaftskandidaten schießen sich derweil auf Al Gore ein, der aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit dem jeweiligen russischen Premier für die großzügige und ungeprüfte Vergabe von Geldern an Russland mitverantwortlich gemacht wird. pt/BK

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