Kommentar
: Kiffen macht gleichgültig

■ Die Hanfparade ist überflüssig geworden

In der Stadt der Massenparaden – Christopher Street Day, Love Parade, Kultur-Karneval, Großer Zapfenstreich – hat ein Umzug ausgedient: die Hanfparade. Nicht eimal 20.000 Menschen bequemten sich am Samstag, für einen Stoff auf die Straße zu gehen, den man besser in Tüten, Blubber oder Kekse tut. Shit, mögen manche denken, aber das ist Quatsch. Denn die, die den Samstag mit oder ohne Joint zum gepflegten Chillouten nutzten, haben nicht viel verpasst.

Nur die geschäftstüchtige Hanflobby hat was zum Jammern. Kaum jemand da, der oder die Geld ausgeben wollte für Hanfhosen, Hanfhemden, Hanfbetten, Hanfcreme, Hanfshampoo, Hanfwurst, Hanfsoße. Halleluja – auch die Hanfjünger hatten es schwer. Kein Wunder, denn wer will schon andauernd hören, dass eine der „höchstentwickelten Pflanzen der Erde“ (Hanfmuseum) die Welt retten kann. Dass – wenn da nicht böse Mächte eine Hetzkampagne gegen Marihuana initiiert hätten – mit der Kulturpflanze Hanf nicht nur die Wirtschaft angekurbelt, sondern auch der ökologische Ausverkauf der Erde gestoppt werden könnte.

Tief durchatmen! Beim Kiffen kommen die besten Ideen! Die waren auch auf der Hanfparade gefragt: Denn obwohl das Recht auf Rausch im Vordergrund stand, war es geradezu unmöglich, etwas zum Rauchen zu finden. Dabei hätte man hier öffentlich einen durchziehen können. Aber wie hieß es auf einem Hanf-T-Shirt: „Kiffen macht gleichgültig. Mir doch egal.“ So blieben denn die meisten Kiffer dieser Stadt zu Hause.

Doch wer das bedauert, ist bescheuert. Denn das Recht, einen durchzuziehen, wird nicht auf irgendwelchen Paradewagen verteidigt, sondern muss tagtäglich erqualmt werden – in der Kneipe, im Park, im Büro, im Bauwagen.

Doch das Hauptproblem der Hanfliebhaber ist, dass ihnen die Gegner abhanden gekommen sind. THC-freie Produkte werden selbst in Kaufhäusern feilgeboten. Und über den Raucher regen sich selbst die Ordnungshüter kaum noch auf. Das Fazit der Hanfparade: Peace für das Piece! Wer kiffen will, soll kiffen, und wer demonstrieren will, soll demonstrieren. Und nach getaner Arbeit die Frage aller Fragen stellen: Haste mal 'n Blättchen? Richard Rother