Vulkan-Prozess: Senat war Mitwisser

■ Grüner Ausschuss-Vorsitzender Kuhn erhebt vor Hennemann-Prozess schwere Vorwürfe gegen den Senat / Einstimmige Konsequenzen aus Vulkan-Skandal wurden nicht umgesetzt

Der Vulkan-Untersuchungsausschuss hat im Oktober 1998 einstimmig beschlossen, welche Konsequenzen aus dem Schiffbau-Skandal gezogen werden müssen. Bis heute sind keinerlei Anzeichen dafür erkennbar, dass der Senat irgend etwas davon umsetzen will, erklärte der Ausschuss-Vorsitzende Hermann Kuhn gestern – eine Woche vor dem Beginn des Hennemann-Prozesses. Und das, obwohl die beiden derzeitigen Fraktionsvorsitzenden der großen Koalition, Jens Böhrnsen und Jens Eckhoff, damals ihre Finger für die Forderungen erhoben hatten. Daher haben die Grünen eine „Große Anfrage“ formuliert und verlangen vom Senat Auskunft.

Die Landesregierung sollte, wie das für private Unternehmen selbstverständlich ist, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wechseln, hatte der Ausschuss angeregt. „Beratung“ bei Bürgschafts-Anträgen und „Prüfung“ der Anträge sollte nicht in gleicher Hand liegen.

Es gibt auch die „Controlling-Berichte“ nicht, auf die eine andere Frage der Grünen zielt. Der Senat sollte über alle Beteiligungen des Landes und der Stadtgemeinde berichten, um es dem Parlament zu ermöglichen, „die Politik des Senats auf diesem Feld nachzuvollziehen und zu bewerten“. Die Parlamentarier im Bürgschaftsausschuss bekommen bei brisanten Vorgängen komplexe „Tischvorlagen“, die sie nicht ad hoc bewerten können und auch nicht zur fachkundigen Beratung mitnehmen können, berichtete Kuhn – wichtige Unterlagen würden nach dem Händchenheben wieder eingesammelt.

Ab dem kommenden Mittwoch müssen führende Vulkan-Manager um Friedrich Hennemann sich vor dem Landgericht Bremen verantworten. Das Hanseatische Oberlandesgericht hatte im Mai in einem Zivilverfahren den Vorwurf der „Untreue“ gegen Vulkan-Manager bestätigt; dabei ging es um die 850 Millionen Mark, die als Subvention für Ost-Werften gewährt worden und über das Cash-Management in West-Firmen des Konzerns versickert waren. Insbesondere die 194 Millionen, die erst im Oktober 1995 freigegeben worden waren, hatte das Gericht festgestellt, waren im vollen Wissen um die Finanzlage des Konzerns aus dem Osten abgezogen worden.

In dieser Phase der offenen Vulkan-Krise hatte es aber regelmäßige Beratungen zwischen Konzern, Banken und Bremer Senat gegeben, die von dem heutigen Chef der „Bremer Investitions-Gesellschaft“ (BIG), Ulrich Keller, protokolliert worden waren. Keller, damals Abteilungsleiter im Finanzressort, war es nach diesen Protokollen völlig klar, dass die aus dem Osten bereits abgeflossenen Millionen buchstäblich „weg“ waren; 1,1 Milliarden Mark neuen „Cash-Bedarf“ konstatierten die Banker und Keller meinte dazu, dass der Vulkan nicht einmal mehr die Zinsen dafür würde zahlen können. Für den 12.10.1995 erwarteten die Vulkan-Manager allerdings die besagten weiteren 194 Millionen Mark von der Treuhand-Anstalt. „Diese an sich für Investitionen an Oststandorten vorgesehenen Mittel könne der Konzern vorübergehend zur Finanzierung seiner allgemeinen Liquiditätsunterdeckung einsetzen, da er dieses auch in der Vergangenheit bedenkenlos getan hätte“, schrieb Keller damals ins Protokoll. Der Vorgang kann für die Vulkan-Manager den strafrechtlichen Tatbestand der „Untreue“ begründen, aber Hennemann hat offensichtlich mit voller Deckung des Senats das getan, wofür er nächste Woche vor Gericht steht. K.W.