WTO-Chef sortiert neu

■ Auf der Agenda: China, das Internet und Unterstützung für die ärmeren Länder

Berlin (taz/dpa) – Es war genau der Auftritt, den man sich von ihm erhofft hatte: zupackend und forsch. „Wir müssen die WTO reformieren“, erklärte Mike Moore, der neue Generaldirektor der Welthandelsorganisation, gestern bei seinem ersten offiziellen Auftritt vor der Presse. „Sie muss aussehen wie die Welt, die sie repräsentiert.“ Damit machte sich der Neuseeländer in einem Zug zum Anwalt Chinas und anderer Beitrittskandidaten, der Industriestaaten und der armen Länder.

Damit die WTO ihrem Namen künftig gerecht werden könne, müsse die Mitgliedschaft von China und Saudi Arabien Priorität haben, sagte Moore. Aber auch die technische Entwicklung dürfe nicht außer Acht gelassen werden. Vor allem der Handel im Internet, dessen Volumen sich alle 100 Tage verdoppele, bedürfe einer systematischen Analyse und eines Abkommens, das die Sicherheitsprobleme löse.

Für die am wenigsten entwickelten Länder forderte der neue WTO-Chef mehr technische und finanzielle Hilfe. Mindestens 30 der 134 Mitgliedsstaaten könnten sich nicht einmal eine eigene Vertretung in Genf leisten und mithin nicht an allen Verhandlungen und Entscheidungen teilnehmen. Und selbst diejenigen, die einige wenige Repräsentanten abstellen könnten, seien mit den technischen Details und Tausenden von Papieren überfordert. „Sie verpassen den Anschluss“, sagte er. Und das nütze niemandem: „Ein Flottenverband kommt nur so schnell oder langsam vorwärts wie das schlechteste Schiff.“ Die nächste große Verhandlungsrunde zur Liberalisierung des Handels, die sogenannte Millennium-Runde, könne nur ein Erfolg werden, wenn die Interessen der armen Staaten mehr berücksichtigt würden.

Dabei offenbarte er eine sehr klare Vorstellung davon, wie diese Interessen – mehr Teilnahme am weltweiten Zuwachs von Wohlstand – am besten befriedigt werden können. Sein Patentrezept zur Überwindung der Armut heißt „Freihandel“: „Wir müssen so schnell wie möglich Schutzmaßnahmen für nationale Märkte abbauen und sie damit für den weltweiten Handel öffnen.“

Nichtregierungsorganisationen und viele Entwicklungsländer sehen das ganz anders. Sie wollen wenigstens für die nächste Zeit das Prinzip der Sonderbehandlung behalten und sogar stärken – einige hatten nach der Uruguay-Runde, in der die ersten großen Liberalisierungen ausgehandelt wurden, längere Fristen zugebilligt bekommen, um der einheimischen Wirtschaft mehr Zeit zur Anpassung zu lassen. Die Nahrungssicherheit müsse absoluten Vorrang erhalten, erklärte beispielsweise die Entwicklungshilfeorganisation WEED. Beate Willms