piwik no script img

Konservative sind modern

■ Den Grünen und der SPD laufen an der Saar die Jungwähler davon. Sie setzen auf die CDU und feiern den „Schwarzen Peter“

Das Saarland wird schwarz. Der CDU-Spitzenkandidat Peter Müller hat gestern überraschend die Landtagswahl gewonnen. Und damit die 15-jährige Regierungszeit der SPD beendet. Nach der letzten Hochrechnung lag die CDU um mehr als 2 Prozentpunkte vor der SPD. Damit sei Müller der Sieg nicht mehr zu nehmen, orakelten die Demoskopen. Die Grünen wurden ebenso wie die FDP marginalisiert.

Im Landtag Jubel ohne Ende. Vor allem bei den Schülern und Studenten. Sie haben in erster Linie für den „Schwarzen Peter“ votiert. Future-Kids, die auch von den Grünen heftig umworben worden waren. Vergeblich. „PMT“, hat sich ein Student in das blond gegelte Haar rasieren lassen: Peter-Müller-Team. Die PMTs tanzen durch die Lobby. „Peter, Peter“, wird skandidiert. „Supergeil“ findet eine smarte junge Bankerin den Wahlausgang. Müller schwitzt und strahlt. Küsschen für Müller überall und Prösterchen. Kein Durchkommen mehr in der Lobby.

Die CDU hat das für „unmöglich“ Erachtete (SPD) geschafft: Eigentlich mit einer für das Saarland für unpopulär erachtete Parole vom radikalen Strukturwandel. Müller will weg von (subventionierter) Kohle und (subventioniertem) Stahl und hin zu Hochtechnologie und Dienstleistungen.

Die Union hat mehr als 6 Prozentpunkte zugelegt, die Sozialdemokraten in der gleichen Größenordnung verloren. „Immerhin rund 15 Prozent über dem Bundestrend für die SPD“, tröstete sich und seine Parteifreunde der Fraktionsvorsitzende der SPD im Landtag, Rainer Tabillon. Am Abgang von Oskar Lafontaine habe es nicht gelegen, meint er. „Der Bundestrend war einfach gegenläufig.“

Als Reinhard Klimmt im Landtag auftauchte, blieb ihm nur, die Niederlage einzuräumen und seinem Kontrahenten Peter Müller eine „glückliche Hand“ zu wünschen. Sich selbst tröstete er damit: „Ich bin jung genug, noch viele Aufgaben wahrzunehmen.“

Auch Gunda Röstel, die grüne Vorstandssprecherin, kam aus dem Szenelokal „Tomate“ rüber in den Landtag: Kreidebleich. „Wir sind selbst schuld“, klagt sie. „Mitten im Fluss die Pferde gewechselt, das konnte nicht gut gehen.“ Tatsächlich: Die bemühte grüne Crew um den Spitzenkandidaten Christian Molitor war die große politische Unbekannte im Saarland. Aber die „Alten“, die bekannten Landtagsabgeordneten, hatten sich zuvor selbst desavouiert. Ein Ladendieb der eine, und der andere tätigte dubiose Autogeschäfte. Röstel wollte gestern bei Gewinnern sein, und traf an der Saar nur auf enttäuschte Verlierer. Später in der „Tomate“: alles Ketchup.

Klaus-Peter Klingelschmitt, Saarbrücken

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen